Polizei und Hochschule verbünden sich gegen Cyber-Kriminelle

Eine bundesweit einmalige Kooperation bringt im Nordwesten Polizisten, Wissenschaftler und Studenten im Kampf gegen die Internetkriminalität zusammen. Ab Sommer wollen sie mittelständischen Firmen mehr Schutz vor kriminellen Hackern bieten.

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Von
  • Deike Stolz
  • dpa

Wohl kaum ein Unternehmen kommt in der heutigen digitalen Welt noch ohne eigene Website aus. Aber Udo Kalinna schlägt oft die Hände über dem Kopf zusammen: "Viele Seiten sind absolut unsicher – als würde ich ein Auto fahren, das vollkommen TÜV-untüchtig ist", sagt der 50-Jährige, der an der Hochschule Emden/Leer eine Verwaltungs-Professur für Informatik und IT-Sicherheit hält.

Gefährdet sind nicht nur Daten der betreffenden Firmen, sondern auch diejenigen von Kunden, die etwa im Online-Shop Waren bestellt haben. Das Ausspähen von Daten ist nur ein Betätigungsfeld von Cyber-Kriminellen – eines, in dem die Polizei seit Jahren immer mehr Delikte registriert. In Niedersachsen zählten die Ermittler im vergangenen Jahr 2743 derartige Fälle. Das bedeutet innerhalb von zwei Jahren beinahe eine Verdopplung. Die Internetkriminalität insgesamt richtet große Schäden an: 2011 bundesweit mehr als 70 Millionen Euro bei einer Gesamtzahl von fast 60.000 Fällen.

Auch die Polizeidirektion Oldenburg beobachtet die Dynamik der Internetkriminalität und hat diese als Schwerpunkt künftiger Ermittlungsarbeit ausgemacht. "So entstand die Idee, dass wir uns auf diesem speziellen Gebiet auch der Wissenschaft bedienen, um die neuesten Bekämpfungsstrategien zu entwickeln", sagt Kriminaloberrat Martin Rangnow. Er koordiniert bei der Polizei eine bundesweit einzigartige Kooperation, die seit Vertragsschluss im September 2011 Informatiker der Emder Hochschule sowie Ermittler aus dem Nordwesten im Kampf gegen Cyber-Kriminelle zusammenbringt.

Wie der frühere langjährige IT-Manager Kalinna beschreibt auch Rangnow die Zusammenarbeit als für beide Seiten fruchtbar. Sie beruhe auf einem Dreiklang: Bei der Strafverfolgung verhelfe das technische Know-How der Hochschule der Polizei zu neuen Ermittlungsmethoden, umgekehrt trügen die Ermittler mit realen Fallszenarien zu einer praxisnahen Ausbildung der angehenden IT-Sicherheitsexperten bei.

Drittes Standbein der Kooperation ist die Entwicklung von Ideen für die IT-Sicherheit von Unternehmen, die sich zunehmend Angriffen über ihre technisch mangelhaften Webseiten ausgesetzt sehen. Gerade kleine Firmen achteten aus Kostengründen nur aufs hübsche Design und zu wenig auf Sicherheit, beklagt Kalinna. "Da wird die Website eben gebastelt vom Neffen des Schwagers des Cousins, der gerade in der Ausbildung ist." Ein professioneller Sicherheitscheck könne leicht eine fünfstellige Summe kosten – für Mittelständler oft zu viel.

Neben einer erhöhten Sensibilität für die Risiken des Internets wollen Hochschule und Polizei dem Mittelstand daher künftig auch erhöhten Schutz vor kriminellen Hackern bieten. Unter Kalinnas Ägide entwickeln in Emden mehrere Informatiker und Informatikstudenten eine nach seinen Angaben Software, die automatisierte und damit deutlich günstigere Sicherheitschecks für Internetseiten anbieten soll. Im Sommer soll sie an den Start gehen. (anw)