Unterhaltungsindustrie fordert schärferen Auskunftsanspruch gegen Provider

Der Musik- und Filmwirtschaft gehen die geplanten Regelungen zur besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte nicht weit genug; sie sehen sie durch eine "Bagatellklausel" für Tauschbörsen-Nutzer unterlaufen.

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Der Musik- und Filmwirtschaft gehen die vom Bundesjustizministerium geplanten Regelungen zur besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte nicht weit genug. "Grundsätzlich ist ein Auskunftsanspruch zur zivilrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzern notwendig und sehr zu begrüßen", erklärte Johannes Klingsporn, Geschäftsführer des Verbands der Filmverleiher (VdF), gegenüber heise online. Allerdings fürchtet der Lobbyist, dass die neuen Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung "durch andere Maßnahmen im Gesamtpaket der Urheberrechtsnovelle konterkariert werden". Er verweist dabei insbesondere auf die "Bagatellklausel", welche Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in der zweiten Stufe der Urheberrechtsreform verankern will. Ziel ist es, eine generelle Kriminalisierung der illegalen Nutzung von Tauschbörsen schon bei leichten Rechtsverstößen zu verhindern. Der Musikindustrie reichen derweil die vorgeschlagenen Schadensersatzansprüche nicht aus.

Justizministerin Zypries hatte Anfang der Woche einen Gesetzesentwurf vorgestellt, wonach Verwerter beim reinen Verdacht auf schwere Rechtsverletzungen Auskunftsansprüche gegen Provider geltend machen können. Die Rechtehalter sollen damit die persönlichen Daten von Nutzern abfragen können, die zur Zeit der vermuteten Tat entsprechende IP-Adressen verwendet haben. Damit würde ihnen die zivilrechtliche Klage deutlich vereinfacht. Das Justizministerium will mit dem Referentenentwurf die Vorgaben der heftig umstrittenen ersten EU-Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte umsetzen.

"Besonders fatal" ist laut Klingsporn aber "die Kombination aus einem Auskunftsanspruch, der nur für 'gewichtige' Eingriffe in das Urheberrecht gilt, und dem Festhalten an der Raubkopierer-Klausel, die eine unbestimmte Anzahl von Raubkopien straffrei stellen soll." Dies bedeute "einen Freibrief für den digitalem Diebstahl, der in seinen Auswirkungen die Folgen organisierter Raubkopiererkriminalität weit übersteigen und zu potenziellen Milliardenschäden führen kann". Auf jeden Fall gebe es beim Gesamtpaket der Urheberrechtsnovelle noch "erheblichen Diskussionsbedarf".

Zuvor hatte es aus dem Umkreis von Filmverleihern geheißen, die vorgestellten Eckpunkte befänden sich "am unteren Ende" der tatsächlich notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen. Gleichzeitig betonen Verbände der Film- und Musikindustrie aber, dass die Schaffung eines Auskunftsanspruchs gegen nicht direkt an einem Verstoß beteiligte Dritte "notwendig und zu begrüßen" sei. "Bisher geben bei Rechtsverstößen im Internet durch Unbekannte die Provider nur den Staatsanwaltschaften Auskunft über die Identität der Rechtsbrecher", beklagt Michael Haentjes, Vorsitzender der Deutschen Phonoverbände den juristischen Ist-Zustand. Die "Opfer" könnten sich mit dem geplanten Gesetz daher besser selbst zur Wehr setzen und "die Internetpiraterie" eindämmen.

Für "enttäuschend" hält Haentjes aber die seiner Ansicht nach zu niedrig ausfallende Schadensersatzregelung: "Wenn ein Schwarzfahrer, der erwischt wird, nur den normalen Ticketpreis zahlen müsste, würde kein Mensch mehr eine Fahrkarte kaufen. Hier muss im Sinne der Rechteinhaber noch nachgebessert werden." Rechtsbrecher sollten den Rechteinhabern die Lizenzzahlungen leisten, die sie sowieso hätten aufbringen müssen.

Eine "weitere Verbesserung des Rechtsschutzes gegen die illegale Nutzung geschützter Werke" fordert ferner die FDP-Bundestagsfraktion in einem gerade gestellten Antrag zur "Fortsetzung der Modernisierung des Urheberrechts". Pläne zur Einführung einer "Bagatellklausel" soll der Bundestag demnach ablehnen. Die Arbeit am 2. Korb der Urheberrechtsnovelle muss laut der FDP insgesamt "zügig wieder aufgenommen werden". Vertreter der Provider machen sich dagegen für eine möglichst weitgehende Bagatellgrenze stark. Sie fürchten andererseits, mit Anfragen der Unterhaltungsindustrie überschwemmt zu werden. Zumal in Brüssel gerade die Verpflichtung zur mindestens sechsmonatigen Vorratsspeicherung von IP-Adressen sowie anderer Verbindungs- und Standortdaten beschlossen worden sei und die Abfragemöglichkeiten dadurch stark ausgeweitet würden. (Stefan Krempl) / (pmz)