Erhöhen Rennspiele die Risikobereitschaft auch im Straßenverkehr?

Eine Untersuchung von Münchner Sozialpsychologen lässt vermuten, dass Raserspiele vor allem bei jungen Männern zu einem gefährlicheren Fahrverhalten führen können.

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Von
  • Florian Rötzer

Meist standen die "Killerspiele" im Vordergrund nicht nur der Politik, sondern auch der Wissenschaft, wenn es um Gefahren ging, die von Computerspielen ausgehen können. Nun haben erstmals Sozialpsychologen von der Ludwig-Maximilian-Universität München untersucht, ob Autorennspiele die Spieler dazu verführen oder anleiten könnten, auch im Straßenverkehr aggressiver und riskanter zu fahren.

Für ihre Untersuchung führten sie drei unterschiedliche Tests mit insgesamt etwa tausend Versuchspersonen durch und kamen zu dem Schluss, wie sie in ihrem Bericht "Virtual Driving and Risk Taking" (Journal of Experimental Psychology: Applied, Vol. 13, No. 1) schreiben, dass Menschen – und vor allem junge Männer – die Raserspiele spielen auch dazu neigen, größere Risiken einzugehen.

Die Wissenschaftler heben hervor, dass Rennspiele in den vergangenen Jahren zu Bestsellern wurden und immer realistischere virtuelle Umgebungen darstellen, in denen die Spieler häufig auch durch bewohnte Gebiete rasen, riskante Manöver ausführen, in andere Fahrzeuge oder Passanten rasen und zahlreiche andere Risiken eingehen müssen, um erfolgreich zu sein. Interviews mit jungen Männern, die an illegalen Straßenrennen teilnehmen, hätten bereits gezeigt, dass Rennspiele eine wichtige Rolle in der Fahrsozialisation spielen.

Bei den Tests stellte sich heraus, dass es eine Korrelation zwischen dem Spielen von Rennspielen und riskantem Fahren gibt. Entscheiden ließ sich hier nicht, ob die Spiele riskantes Fahren verstärken oder riskante Fahrer sich einfach nur eher an Raserspielen messen. In einem weiteren Test wurde verglichen, welche Folgen das Spielen von Raserspielen (Need for Speed, Burnout, Midnight Racer) und von "neutralen" Spielen (Fifa 2005, Tak, Crash Bandicot) hat. Unterschiede zwischen den Spielen der jeweiligen Gruppe ließen sich nicht feststellen. Die Versuchspersonen, gleich ob Männer oder Frauen, die eines der Raserspiele gespielt hatten, zeigten sich signifikant risikobereiter und waren erregter.

Bei einem dritten Test mussten die Versuchspersonen erneut eines der Spiele spielen und wurden dann dem "Wiener Risikobereitschaftstest" unterzogen, mit dem anhand von Videos, die unterschiedliche "reale" Verkehrssituationen auf einem Bildschirm aus der Fahrersicht zeigen, die Risikobereitschaft gemessen wird. Wenn die Versuchspersonen sich entscheiden, ein Fahrverhalten abzubrechen, drücken sie einen Knopf. Über die Reaktionszeit wird die Risikobereitschaft erfasst. Bei den Männern ergab sich wiederum, dass nach den "Raserspielen" die Risikobereitschaft erhöht war. Die Reaktionszeit lag mehr als eine Sekunde über derjenigen von denjenigen, die sich mit einem "neutralen" Spiel beschäftigt hatten. Interessant ist, dass bei den Frauen hingegen die Risikobereitschaft nach den neutralen Spielen höher war. Vielleicht sind sie deswegen vorsichtiger, vermuten die Wissenschaftler, weil sie weniger geübt in Raserspielen sind und in diesen eher negative Erfahrungen machten.

Einen Beweis dafür, dass Raserspiele die Risikobereitschaft auch beim wirklichen Fahren erhöhen, bieten die Untersuchungen nicht. Die Wissenschaftler vermuten jedoch, dass sie vor allem bei Jugendlichen und jungen Männern die Risikobereitschaft und die Lust am Rasen beeinflussen und daher auch zu mehr Unfällen führen könnten. Vor allem wenn Kinder bereits früh riskantes Fahren und den Kick daran an den Spielen üben, könnte diese eintrainierte Haltung auch beim Fahren hinter dem wirklichen Steuer beibehalten werden, warnen die Wissenschaftler.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(fr)