pearLyrics: Musikverlag entschuldigt sich, Liedtextsucher dennoch illegal

Der Musikverlag Warner/Chappell, der dem Programmierer des Songtext-Suchprogramms pearLyrics zunächst mit juristischem Vorgehen gedroht hatte, entschuldigt sich, erachtet die Software aber nach wie vor als illegal.

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Eine unerwartete Wendung hat der Fall pearLyrics genommen. Der große Musikverlag, der dem Programmierer zunächst mit der juristischen Keule gedroht hatte, entschuldigt sich. Freilich betrachtet er die Software weiterhin als illegal.

Der Vorarlberger IT-Forscher Walter Ritter hatte in seiner Freizeit das Freeware-Plugin pearLyrics für Apples iTunes-Programm für MacOS X geschrieben. Das Hilfsprogramm zeigt die Texte zu abgespielter Musik an, wobei die Texte aus iTunes-Dateien oder lokal gespeichertem beziehungsweise mittels Internet-Suchmaschinen gefundenem Material extrahiert werden. Nach einer lobenden Erwähnung in Macworld erhielten sowohl Ritter als auch Apple unfreundliche Anwaltspost vom Musikverlag Warner/Chappell Music. Mit der Androhung rechtlicher Schritte wurde der Programmierer gezwungen, pearLyrics von seiner Website zu nehmen.

Warner/Chappell sieht in Ritter einen Rechtsbrecher, weil sein Programm auch rechtswidrig veröffentlichte Liedtexte aufspürt. Der Mann, der am Forschungszentrum User Centered Technologies der Fachhochschule Vorarlberg tätig ist und in seiner Freizeit ein Programm zur Erleichterung der Textsuche geschrieben hat, kann das nicht nachvollziehen: "Technisch gesehen macht pearLyrics nichts anderes, als gewöhnliche Suchmaschinen; es besucht öffentlich zugängliche Websites, sucht nach Informationen, extrahiert diese, und auf Wunsch wird das Ergebnis gespeichert. Bei Suchmaschinen wird das Caching genannt", so Ritter, "Was es nicht macht, ist zu prüfen, ob der Inhalt auf der Webseite legal dort steht, aber genau das machen Suchmaschinen und Webbrowser ja auch nicht." Er wollte mit seinem Plugin nur etwas "Handarbeit mit einem Webbrowser" sparen.

Die US-amerikanische Electronic Frontier Foundation (EFF) stellte sich auf die Seite Ritters und warnte Warner/Chappell in einem offenen Brief vor rechtlichen Schritten in den USA: "Wir schreiben Ihnen, um Sie zu informieren, dass die Verbreitung von Software wie pearLyrics keine Verletzung von US-amerikanischen Copyright-Gesetzen darstellt und dass juristische Drohungen von Warner/Chappell gegen US-amerikanische Softwareentwickler in Zusammenhang mit ähnlicher Software Warner/Chappell für juristische Maßnahmen vor US-Bundesgerichten angreifbar machen würden." In zahlreichen Medienberichten wurde das Vorgehen des Konzerns kritisch beleuchtet. Ritter nahm Kontakt zu dem Musikverlag auf und versuchte seinen Standpunkt darzulegen.

Überraschenderweise traf daraufhin ein Entschuldigungsschreiben von Warner/Chappell ein, in dem der Verlag angibt, Konsumenten bequeme und legale Wege zu korrekten Songtexten zur Verfügung stellen zu wollen. "Das Ziel unseres vorigen Briefes war, versichert zu bekommen, dass pearLyrics diesen Prinzipien entsprechend arbeitet. Sowohl vom Tonfall als auch vom Inhalt her war unser Brief ein unpassender Weg, diese Nachforschung durchzuführen. Warner/Chappell entschuldigt sich bei Walter Ritter", heißt es in dem Text. Eine Zustimmung zur Wiederaufnahme des Gratisvertriebs der Software ist das freilich nicht. Der Vorarlberger weiß auch nicht, welche weitere Vorgehensweise dem Musikverlag vorschwebt. Auf jeden Fall darf er das Freeware-Plugin nicht mehr über seine Website zum Download anbieten. (Daniel AJ Sokolov) (gr)