Rechtsausschuss schränkt EU-Richtlinie zu geistigen Eigentumsrechten etwas ein

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat in seiner Empfehlung zu den umstrittenen Strafvorschriften zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte einige Klarstellungen eingebaut, doch prinzipiell bleiben Urheberrechte erfasst.

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Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat in seiner am heutigen Dienstag abgegebenen Empfehlung für die geplante EU-Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte einige Klarstellungen eingebaut und den Anwendungsbereich gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission etwas begrenzt. Dennoch haben Oppositionspolitiker, IT-Verbände und Verbraucherschützer nach wie vor grundlegende Bedenken gegen das Konstrukt zur Einführung von Strafvorschriften etwa auch bei Urheberrechtsverletzungen. Sie fürchten, dass etwa Software-Entwickler oder Nutzer zu stark in ihren Bürger- und Freiheitsrechten eingeschränkt werden könnten. Immerhin reichen die von der Kommission und den Rechtspolitikern befürworteten Geldstrafen von 300.000 Euro für besonders schwere Taten bis zu Haftstrafen von bis zu vier Jahren für "Taten, die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen werden" oder "von denen eine Gefährdung für die Gesundheit oder Sicherheit für Personen ausgeht".

Die Liste der Schutzrechte, die der Rechtsausschuss gemäß einem Änderungsantrag des Berichterstatters Nicola Zingaretti erfasst wissen will, ist lang. Sie reicht vom Urheberrecht über die eigenständigen Rechte von Datenbankerstellern und den Schöpfern von Topographien von Halbleiterprodukten sowie den Rechten an Gebrauchsmustern oder Herkunftsbezeichnungen bis hin zu Markenrechten. Auf alle Fälle ausgeschlossen werden sollen allein Patentrechte, wo bei Verstößen hierzulande im Zweifelsfall bislang noch strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Greifen sollten die Strafvorschriften laut der Kommission bei jeder "vorsätzlichen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums, sofern die Verletzung in gewerblichem Umfang begangen wird". Dies wollen die Rechtspolitiker so belassen, haben aber Definitionen zur Verdeutlichung der vagen Begriffe eingeführt. Mit dem "gewerblichen Umfang" sollen demnach alle Rechtsverstöße erfasst werden, aus denen sich ein "kommerzieller Vorteil" ziehen lässt. "Dies würde Handlungen von Privatpersonen für den persönlichen oder nicht auf einen Gewinn zielenden Gebrauch ausschließen", heißt es in dem entsprechenden Antrag. Damit wollen die Abgeordneten insbesondere Bedenken ausräumen, mit der Strafrechtskeule etwa gegen Tauschbörsennutzer vorzugehen. Der Tatbestand des Vorsatzes wird ferner neu beschrieben mit der "bewussten Verletzung des betroffenen Rechtes mit dem Ziel, einen wirtschaftlichen Vorteil im gewerbsmäßigen Umfang zu erlangen".

Nach dem Ausschussvotum soll auch nicht mehr jegliche Anstiftung zu einer entsprechenden Rechtsverletzung als Straftat gelten, wie es die Kommission plante. Vielmehr stellt ein mündlich eingebrachter und angenommener Änderungsvorschlag des CDU-Politikers Hans-Peter Mayer das zusätzliche Kriterium eines "Tatbezugs" auf. Dieses gilt aber nicht für den Versuch und die Beihilfe zu einer vorsätzlichen Verletzung eines geistigen Eigentumsrechts im gewerblichen Umfang. Obwohl es sich hier im Prinzip um juristische Feinheiten handelt, hatte eine Reihe von Verbänden einschließlich der Business Software Alliance (BSA) sowie Vereinigungen von Verlegern und der Musik- und Filmindustrie gestern in einem Brandbrief an die Ausschussmitglieder noch vor jeglichen einschränkenden Fassungen der Schlüsselbegriffe gewarnt. Derlei Klärungen müssten den Gerichten der Mitgliedsstaaten vorbehalten bleiben, hieß es unter anderem zur Begründung.

Der Hals über Kopf von Zingaretti noch eingebrachte "Kompromissvorschlag", schon die "Akzeptanz" von Verstößen gegen geistiges Eigentum zu kriminalisieren, fand keine Mehrheit. Auch weit gehende Vorschläge von Janelly Fourtou, Gattin des Vorstandsvorsitzenden des französischen Medienkonglomerats Vivendi, und ihrer Kollegin Nicole Fontaine, wonach die Beschränkung der Strafbarkeit auf Verstöße im gewerblichen Ausmaß aufgehoben werden sollen, fielen durch. Ebenfalls nicht durchsetzen konnte sich der niederländische Liberale Toine Manders mit seinem Ansinnen, dass jeder Kauf einer Raubkopie oder eines Piraterieguts als "Hehlertätigkeit" angesehen und entsprechend bestraft werden sollte.

Andererseits enthält das abgestimmte Papier nach wie vor eine Klausel, wonach die betroffenen Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums oder ihre "Vertreter sowie Sachverständige" bei Untersuchungen gemeinsame Ermittlungsgruppen mit Strafverfolgern bilden dürfen. Keine Mehrheit fanden zudem Anträge der Grünen Eva Lichtenberger und der Sozialdemokratin Edith Mastenbroeck, die den Geltungsbereich der Richtlinie gemäß den Empfehlungen des Industrieausschusses auf vorsätzlich begangene Markenrechtsverletzungen und Urheberrechtspiraterie in klar definierten kommerziellen Ausmaßen beschränken wollten.

Lichtenberger beklagte gegenüber heise online denn auch, dass etwa Software-Entwickler von der Richtlinie betroffen sein könnten und der Wettbewerb nicht mehr "am Markt, sondern vor Gericht stattfände". Viele ihrer Kollegen hätten anscheinend nicht verstanden, dass es nicht nur um die Verfolgung von Markenpiraterie gehe, sondern auch zahlreiche andere Schutzrechte eingeschlossen seien. Der Vize-Vorsitzende des Rechtsausschusses, Rainer Wieland (CDU), begrüßte dagegen den "Einstieg" in die klarere Definition der Normen für die Strafbarkeit, die im Innenausschuss voranzutreiben sei. Die entscheidende Abstimmung im Plenum des Parlaments über die Richtlinie soll im Frühjahr stattfinden. (Stefan Krempl) / (pmz)