Deutsche Bahn: Alle reden vom Internet - wir auch

Bis Mitte August 2006 testet die Bahn zusammen mit T-Mobile in einem Pilotprojekt mit sieben ICE-Zügen zwischen Köln und Dortmund eine direkte Internet-Verbindung per WLAN, die Fahrgäste nutzen können.

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Von
  • Christian Kirsch

Die Deutsche Bahn hat im Verein mit T-Mobile das DB MobilityNet gestartet. "Mit WLAN im ICE starten wir einen Angriff auf die Billig-Airlines", erklärte Bahnchef Hartmut Mehdorn auf der Pressekonferenz zum Start des rollenden WLANs: "Reisezeit ist Nutzzeit".

Bis Mitte August 2006 soll das Pilotprojekt mit sieben ICE-Zügen zwischen Köln und Dortmund getestet werden. Die Waggons dieser Züge besitzen ein WLAN, das wiederum mit einem Hotspot-Server verbunden ist, der über UMTS die Verbindung zum Internet aufrecht erhält. Die 3G-Mobilfunktechnik ist in der dichtbesiedelten Region, durch die die Pilotstrecke verläuft, überall verfügbar. Um eine höhere Datenrate als die bei dieser Technik derzeit üblichen 384 kBit/s zu erreichen, werden bis zu drei Kanäle gebündelt.

Für den Download stehen bis zu 1,5 MBit/s, für den Upload maximal 0,5 MBit/s zur Verfügung – für alle Fahrgäste im Zug. Getestet hat die Bahn ihr Angebot bislang mit 43 gleichzeitig angebundenen Teilnehmern. Das sind rund zehn Prozent eines vollbesetzten ICE3. Auf der "Jungfernfahrt" für die Presse haben wir mit wget -Y off ftp://ftp.t-online.de/pub/service/robert_saver.zip folgende Werte gemessen:

Messung in Datentransferrate
in KByte/s
DB-Lounge, Hannover 45,41
HBF Köln 96,82
ICE, stehend 77,44
ICE, langsam 67,30
ICE, schnell (170 km/h) 47,22
(Die in der Redaktion gemessene Datentransferrate zum T-Online-Server: 1,62 MByte/s)

In Tunneln sollen Schlitzantennen für die ständige Verbindung sorgen. Erste Tests dazu zwischen Köln und Montabaur seien erfolgreich verlaufen, auch dort sei bei 300 Stundenkilometern der Internet-Zugang problemlos möglich gewesen. Satellitenverbindungen hat das Unternehmen zwar geprüft, bislang ist diese Technik jedoch für den Bahnverkehr weniger gut geeignet als der Mobilfunk: Das Ausrichten der Antenne bereitet ebenso Schwierigkeiten wie die veränderliche Wetterlage.

Die mit 117 Kilometern relativ kurze Pilotstrecke für das schienengebundene Surfen erklärte Mehdorn mit der Tatsache, dass diese Strecke die am meisten genutzte Strecke der Bahn überhaupt ist. Auf der ebenfalls stark frequentierten Verbindung Köln-München testet die Bahn eine andere Methode: hier bieten die Züge WLAN im Offline-Betrieb und nutzen nur den Aufenthalt im Bahnhof als "Datentankstelle", um aktuelle Nachrichten und Fahrplaninformationen nachzuladen. In den entsprechend ausgestatteten Bahnhöfen können auch die Insassen der Züge schnell die eine oder andere Mail absetzen. Insgesamt will die Bahn die 90 größten Bahnhöfe so ausstatten, dass WLAN im gesamten Bahnhof und nicht wie bisher nur in den DB-Lounges verfügbar ist.

Während der Pilotphase ist die Nutzung des WLAN kostenlos, danach soll das Internet im Zug für Festbucher und Telekom-Kunden 2 Euro pro Stunde kosten. Wer als Gelegenheitsfahrer über T-Pay und Kreditkarte das Internet nutzen will, kommt auf 2 Euro für 15 Minuten; unter der Hand hieß es aber, dass es spätestens zur CeBIT neue WLAN-Tarife geben soll.

Der Bahnpartner T-Mobile, nach eigenen Angaben mit 20.000 Hotspots (davon 6.000 in Deutschland) Weltmarktführer, sieht beim Surfen im Zug das berühmte Henne/Ei-Problem kommen. "Wir denken, dass Internet im Zug in einigen Jahren selbstverständlich sein wird. Doch wir wissen nicht, welche neuen Geschäftsfelder die mobile Breitbandkommunikation bringen wird", erklärte René Obermann, Vorstandvorsitzender von T-Mobile. "Als GSM populär wurde, rechnete auch niemand mit SMS". (Detlef Borchers) / (ck/iX) / (jk)