Bundesregierung will am semantischen Suchinstrument Theseus festhalten

Die strategische innovations- und technologiepolitische Bedeutung des "Leuchtturmprojekts" für eine neue internetbasierte Wissensinfrastruktur gilt im Bundeswirtschaftsministerium unverändert als "hoch".

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Das Bundeswirtschaftsministerium schätzt die "strategische innovations- und technologiepolitische Bedeutung" des "Leuchtturmprojekts" Theseus unverändert als "hoch" ein. Am Engagement der Bundesregierung für das oft als Google-Konkurrenz missverstandene Vorhaben werde "unvermindert" auch nach dem offiziellen Ende der deutsch-französichen Kooperation für das millionenschwer geförderte Vorhaben festgehalten, erklärt der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hartmut Schauerte, in der heise online vorliegenden Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag. Die Ernsthaftigkeit der Innovationspolitik der Bundesregierung werde auch durch die Absicht unterstrichen, am Umfang der Förderung des beim IT-Gipfel der Bundesregierung zum Vorzeigeprojekt geadelten Programms in vollem Umfang festzuhalten.

Deutschland und Frankreich wollten ursprünglich im Rahmen einer Public Private Partnership gemeinsam mit der Industrie rund 400 Millionen Euro in die zunächst Quaero getaufte Unternehmung stecken. Es bleibt nun bei den vorgesehenen 90 Millionen Euro Projektförderung der Bundesregierung für den deutschen Theseus-Ableger, die von Industriepartnern wie der Bertelsmann-Tochter empolis, SAP, Siemens oder T-Systems um mindestens die gleiche Summe aufgestockt werden sollen. Die rechtliche Grundlage für den Staatszuschuss leite sich dabei aus dem geltenden Zuwendungsrecht des Bundes ab, führt Schauerte aus. Es handle sich dabei um öffentlich-rechtliche Geldleistungen an Dritte außerhalb der Verwaltung, um diese zu im staatlichen Interesse liegenden Aufgaben wie Forschung, Entwicklung und Innovation zu veranlassen. Noch stehe aber die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission aus.

Ein zwingendes Ausschreibungserfordernis gebe es dafür nicht, geht Schauerte näher auf die bereits früher bei den Grünen aufgetauchten Fragen nach der Auswahl der geförderten Firmen und Einrichtungen sowie die Vergabe der Projektführung an empolis ein. Ein öffentlich veranlasster Technologiewettbewerb wäre auch sehr zeitaufwendig und nicht wirtschaftlich gewesen. Die programmatische Gestaltung und Konsortialbildung des Projekts hätte sich damit erheblich hinausgezögert. Ausreichend Aufforderungen zur Interessensbekundung und Einreichung von Projektvorschlägen seien auf Fachveranstaltungen ausgesprochen worden. Dass der weitere Teil der Theseus-Entwicklung nun doch ausgeschrieben werde, habe fachliche und rechtliche Gründe. Es solle nun ein "Forschungs- und Entwicklungswettbewerb um die besten Vorschläge für neue informations- und kommunikationstechnische Dienste" angeregt werden und vorrangig mittelständische Unternehmen sowie "kreative Gründer" für die Mitarbeit gewonnen werden, um die Potenziale aus Wirtschaft und Wissenschaft "weitestmöglich" zu erschließen.

Den Schleier um die mögliche Funktionsweise von Applikationen, die aus Theseus erwachsen sollen, vermag Schauerte nur ein wenig weiter zu lüften. Es handle sich dabei auf jeden Fall um "keine Suchmaschine", konstatiert der CDU-Politiker. Die Initiative ziele "vielmehr auf eine neue internetbasierte Wissensinfrastruktur, bei der semantische Verfahren eingesetzt und in bestimmten viel versprechenden Anwendungsfeldern mit neu zu entwickelnden Plattformen erprobt werden." Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündete zudem bei der Eröffnung der CeBIT vorige Woche, dass man "mit dem Forschungsprogramm 'Theseus' die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien für die Internetrecherche fördern" wolle.

Der Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Wolfgang Wahlster, hatte im Herbst durchblicken lassen, dass dem Konsortium zur Verbesserung der Such- und Indiziertechnik eine Verknüpfung der vergleichsweise willkürlichen Verschlagwortung von Inhalten über "Social Tagging" bei Web-2.0-Diensten mit dem deutlich strengeren Katalogisierungsansatz des so genannten semantischen Web vorschwebt. Theseus werde beispielsweise aus dem Kontext heraus unterscheiden können, ob mit "Golf" in einer bestimmten Aussage die Sportart, das Auto oder die Meeresbucht gemeint seien. Insgesamt soll Theseus wie der Namensgeber aus der griechischen Mythologie anscheinend den Nutzern den Weg durch das Wissenslabyrinth weisen.

Man wolle auch weiter mit den Franzosen zusammenarbeiten, die das Projekt Quaero mit einem konventionelleren Ansatz weiterverfolgen und damit stärker den Suchmaschinen-Primus Google im Visier haben, deutete Schauerte an. Die Konkretisierung der geplanten Kooperation sei aber noch nicht abgeschlossen. Vorstellbar sei die gemeinsame Bearbeitung "von Teilprojekten zur Entwicklung von Basistechnologien, zur Evaluation von Technologien, zur Standardisierung und zur Inhalteerschließung der digitalen Quellen von Kultureinrichtungen viel versprechend."

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(Stefan Krempl) / (jk)