Nachgebessertes Musterformular zum Widerrufsrecht besteht Gerichtstest

Wenn eBay-Powerseller das amtliche Formular zum Online-Widerrufsrecht des Bundesjustizministeriums verwenden, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor, entschied das Landgericht Münster.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 65 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Soweit eBay-Powerseller das amtliche Formular zum Online-Widerrufsrecht des Bundesjustizministeriums verwenden, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor. Dies hat das Landgericht (LG) Münster am 2. August entschieden (Az. 24 O 96/06, PDF-Datei). Das Urteil aus dem Münsterland steht im krassen Widerspruch zu einer Entscheidung des LG Halle. Die ostdeutschen Richter hatten das Musterformular für unwirksam erklärt.

Da bei Online-Auktionen die Ware unter anderem nicht angefasst werden kann und der Webkäufer vor unüberlegten Verträgen geschützt werden soll, sieht Paragraf 312d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Widerrufsrecht vor, wonach der Verbraucher den Vertrag ohne Angaben von Gründen innerhalb von zwei Wochen widerrufen kann. Darauf müssen die Händler hinweisen. Meistens wird dabei das amtliche Musterformular aus dem Anhang 2 zu Paragraf 14 BGB-InfoV (Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht) verwendet. Im entschiedenen Fall verwendete auch der Betreiber eines Internet-Shops für Computertechnik das staatliche Formular und wurde deshalb von einem Konkurrenten kostenpflichtig abgemahnt. Dieser monierte hinsichtlich des Fristbeginns die Formulierung "Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung". Diese hatte der Mitbewerber wortwörtlich aus dem Muster des Bundesjustizministeriums entnommen. Gleichwohl meinte der Konkurrent, dass die Wendung den Verbraucher irreführe. Das verstieße gegen das Wettbewerbsrecht (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), was eine Abmahnung rechtfertige.

Nachdem der Shop-Betreiber die Abmahnung nicht akzeptierte, ging der Streit vor das Landgericht Münster. Der Handelsrichter entschied, dass entgegen der Auffassung des Konkurrenten das amtliche Muster wirksam und somit der wörtlich übernommene Passus zum Fristbeginn rechtmäßig sei. Der Richter gab dem Konkurrenten zwar in dem Punkt Recht, dass die Belehrung über den Fristbeginn zwar nicht mit den Buchstaben des Paragrafen 312d BGB übereinstimme, da dort für den Beginn der Widerrufsfrist auch der Erhalt der Ware maßgeblich sei. Das sei aber wegen der Verwendung der Formulierung aus der BGB-InfoV unbeachtlich. Schließlich habe die Verordnung aufgrund einer Gesetzesänderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen den Rang eines Gesetzes erlangt. Demnach liege in der Benutzung kein Gesetzesverstoß.

Anders als der Handelsrichter aus Münster beurteilten dessen Kollegen aus Halle die Wendung zum Fristbeginn für das Widerrufsrecht. So erklärten sie im Mai vorigen Jahres das ministeriale Muster für null und nichtig, da es den Verbraucher in die Irre führe. Diesem werde aufgrund des Zusatzes "frühestens" nicht deutlich, dass er unter Umständen auch noch nach Ablauf der Zweiwochen-Frist von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen könne. Die Entscheidung aus Halle hatte damals für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Gleichwohl verwiesen zahlreiche Juristen darauf, dass die weitere Verwendung des staatlichen Musters für Neuverträge zulässig sei, da die Verordnung mit der Gesetzesänderung gleichfalls ein Gesetz darstelle und somit wirksam sei. Dieser Auffassung hat sich nunmehr auch das Landgericht Münster angeschlossen. (Noogie C. Kaufmann) / (anw)