Nokia lagert Chipsatz-Entwicklung aus

Die Finnen ändern ihre Strategie und werden Chipsätze für Handys bis auf einen Ausnahmefall nicht mehr in Eigenregie entwickeln. Das übernehmen nun andere: Qualcomm kommt dabei nicht zum Zuge, dafür sichert sich Broadcom einen Auftrag für EDGE-Chips.

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Der Handy-Weltmarktführer Nokia wird künftig die Chipsätze für seine Mobiltelefone nicht mehr selbst entwickeln, sondern auf die Produktion von Fremdherstellern zurückgreifen. Der finnische Hersteller kündigte am heutigen Mittwoche eine neue Lizenz- und "Multisourcing"-Strategie für die Chipsätze an. Danach stellt das Unternehmen Teile der eigenen Entwicklung ein und wird Chipsätze bei anderen Anbietern einkaufen. Die Aufträge gehen unter anderem an Broadcom und Texas Instruments. Mit STMicroelectronics (STM) hat Nokia zudem ein weitreichendes Lizenzabkommen geschlossen.

Nokia wird im Rahmen der neuen Strategie mit vier Zulieferern zusammenarbeiten. Texas Instruments bleibt ein Partner für verschiedene Chipsätze über alle Plattformen. Infineon wird GSM-Technik liefern, und Broadcom, der wie Nokia in eine Patent-Fehde mit Branchengröße Qualcomm verstrickte Chiphersteller, kommt als neuer Partner für EDGE-Chipsätze an Bord. Nokias Vizepräsident für Technische Plattformen, Niklas Savander, bezeichnete den Schritt in einer Mitteilung als "pragmatisch", und spricht in der Telefonkonferenz heute von einer "signifikanten Veränderung" für Nokia. Mit der neuen Strategie wolle die finnische Nummer eins Geschäftsrisiken und Engpässe bei der Chipsatzentwicklung vermeiden, erklärt Savanger. Außerdem belebe dieser Schritt den Wettbewerb in der Branche.

Die Entwicklung der Modem-Chipsätze für GSM- und UMTS-Handys soll im Hause bleiben. Nokia will die Technik künftig an Chiphersteller lizenzieren, die diese dann auch an andere Handyhersteller verkaufen können; erster Lizenznehmer wird STM. Im Rahmen eines Lizenzabkommens wird STM künftig auf Nokias Modemtechnik basierende HSPA-Chipsätze herstellen. Gleichzeitig soll STM ein Team aus Nokias Entwicklungsabteilungen in Finnland und Großbritannien übernehmen. Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern dazu laufen, die Übergabe der rund 200 betroffenen Mitarbeiter soll im vierten Quartal 2007 passieren. Das Abkommen hat auch eine finanzielle Komponente, die nach Abschluss im Finanzbericht als einmaliger Posten gebucht werde, sagt Savander, will über Details aber keine Angaben machen.

Erste von Broadcom gefertigte Chips seien für die zweite Jahreshälfte 2008 zu erwarten, erklärt Savander. Die Kooperation mit STM sei längerfristig angelegt; es dürften mehrere Jahre vergehen, bis daraus erste Produkte hervorgehen. Ein Datum nennt Nokia dafür nicht. Ob von der Neuausrichtung weitere Mitarbeiter bei Nokia betroffen sein werden, hat das Unternehmen auf Anfrage bisher nicht mitgeteilt. Savander sprach allerdings von Kapazitäten, die jetzt für andere Bereiche in Forschung und Entwicklung frei würden. (vbr)