Silizium statt Saphir

Neuartige Herstellungsverfahren könnten hocheffiziente LED-Beleuchtungssysteme bald günstiger machen.

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Von
  • Prachi Patel

Neuartige Herstellungsverfahren könnten hocheffiziente LED-Beleuchtungssysteme bald günstiger machen.

Zwar verkaufen sich Lampen auf Leuchtdiodenbasis auch in Deutschland immer besser, doch ein echter Durchbruch der stromsparenden Lichtbringer wird derzeit noch durch ihren vergleichsweise hohen Preis verhindert. LEDs halten deutlich länger als Glühbirnen und die meisten Leuchtstofflampen. Aber für eine qualitativ hochwertige LED-Birne, die die Lichtleistung von 60-Watt-Glühbirnen liefert, zahlt man derzeit 15 Euro und mehr. Einer der größten LED-Hersteller der Welt, der deutsche Konzern Osram Opto Semiconductors, will mit einem neuen Produktionsverfahren nun die Kosten senken – und zwar deutlich.

Weiße LEDs werden typischerweise hergestellt, indem blaue Galliumnitrid-LEDs mit gelbem Leuchtstoff überzogen werden. Das Galliumnitrid wird wiederum in dünnen Schichten auf einem teuren Saphir-Substrat gezogen. Osram will dieses Substrat nun durch eine günstigere Silizium-Variante ersetzen. Diese kostet nur etwa ein Drittel und könnte sogar noch billiger werden, weil sie in größeren Blöcken produziert werden kann.

Osram Opto zufolge produzieren seine Silizium-basierten weißen LEDs 127 Lumen für jedes Watt Leistung. Der Wirkungsgrad soll rund 58 Prozent betragen, was vergleichbar mit kommerziellen LEDs aus Saphir-Substrat-Fertigung ist. Peter Stauss, Projektmanager bei Osram Opto, räumt allerdings ein, dass die Technik zunächst noch durch eine Prüf- und Optimierungsphase muss, bevor erste so gefertigte LEDs dann in zwei bis drei Jahren auf den Markt kommen können.

Osram Opto ist bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das versucht, billigere Galliumnitrid-LEDs auf Silizium-Substrat-Basis herzustellen. Der chinesische Anbieter Lattice Power will angeblich bereits mit einer kommerziellen Produktionslinie gestartet sein. Das kalifornische Start-up Bridgelux will wiederum mit Toshiba zusammenarbeiten, um solche LEDs herzustellen. Plessey Semiconductors aus Großbritannien hofft unterdessen, bis Ende des Jahres Galliumnitrid-LEDs auf Silizium-Substrat-Basis mit Hilfe einer Technologie herzustellen, die man von CamGaN, einem Spin-off der Cambridge University, erworben hat. Und auch Philips und Samsung verfolgen den technischen Ansatz zunehmend ernsthafter.

Osram Opto hat noch nicht mitgeteilt, wie viel billiger eine solche LED-Birne letztlich sein würde. Bridgelux und Plessey sehen eine Senkung der Produktionskosten um 75 Prozent und sogar mehr. Eine LED, die das Äquivalent einer 75-Watt-Birne ist, für die man in den USA derzeit 40 Dollar zahlt, würde dann für unter 5 Dollar zu haben sein, heißt es von Bridgelux.

Verglichen mit dem Saphir-Substrat ist es einfacher und billiger, Silizium-Wafer mit einem größeren Durchmesser herzustellen. Das senkt die Kosten. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, existierende Maschinen zu verwenden, die derzeit zur Mikroprozessorfertigung benutzt werden. Bridgelux hat bereits gezeigt, wie sich die LED-Komponenten auf 20-Zentimeter-Wafern produzieren lassen.

Problematisch bleibt allerdings, dass Galliumnitrid und Silizium ein unterschiedliches Ausdehnungsverhalten zeigen. LED-Komponenten werden bei hohen Temperaturen gefertigt. Während des Abkühlungsprozesses der Galliumnitrid-Schicht können Risse entstehen, weil die Spannung des darunter liegenden Silizium-Substrats zu groß wird. Um dieses Problem zu umgehen, nutzen Osram Opto und andere Anbieter Zusatzmaterialien wie Aluminium-Galliumnitrid in Dünnfilmtechnik. Dieses soll das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten ausgleichen.

Obwohl viele LED-Produzenten derzeit auf den Silizium-Zug setzen, gibt es vereinzelt Firmen, die einen anderen Ansatz wählen. Das Start-up Soraa nutzt Galliumnitrid gleich als Substrat, so dass es erst gar nicht zu Unterschieden in der Kristallstruktur der beiden Schichten kommt. Das Material zeige ungefähr tausendmal weniger Defekte als Silizium, meint man bei der Firma. Das Ergebnis sind zwar teurere LEDs, doch diese sollen bis zu zehnmal heller sein. "Es geht immer um die Leistung der einzelnen LED, die die Kosten der Birne hochtreibt", sagt Soraa-Technikchef Michael Krames – und meint damit die Tatsache, dass eine Birne je nach Wattzahläquivalent aus zahlreichen LEDs besteht. Außerdem verursache das Substrat nur einen kleinen Teil der Gesamtproduktionskosten.

Aktuell scheinen die Kostenvorteile von Silizium-Substraten die LED-Hersteller aber noch stärker zu interessieren. "Galliumnitrid-Substrate können eine Wahl sein, wenn sie denn noch deutlich billiger werden. Aktuell gibt es aber keine sinnvolle Möglichkeit, sie zu nutzen", meint Osram-Opto-Mann Stauss.

Steve Denbaars, Professor für Materialwissenschaften an der University of California, Santa Barbara, der Soraa mitgegründet hat, räumt ein, dass Silizium-Substrate ordentliche Chancen haben, Saphir-Substrate zu ersetzen – schon allein deshalb, weil es weltweit so viele Silizium-basierte Fertigungsanlagen gibt. Trotzdem seien Galliumnitrid-Substrate auf Dauer leistungsfähiger. (bsc)