Justizministerium legt Entwurf für neues Leistungsschutzrecht vor

Herausgebern von Zeitungen und Zeitschriften soll das "ausschließliche Recht eingeräumt werden, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen". Komplex sind die Regeln für Blogger.

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Das Bundesjustizministerium hat den bereits im Koalitionsvertrag geplanten und mehrfach angekündigten Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorgelegt. Der Entwurf für ein "Siebentes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes" wurde an die anderen Ministerien und Lobbykreise verschickt. Laut dem heise online vorliegenden, mittlerweile im Internet kursierenden Papier (PDF-Datei) sollen nur Herausgeber von Zeitungen und Zeitschriften Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet veröffentlichen dürfen. Die Verlage sollen auch verlangen können, dass ihre Erzeugnisse weiter nicht unerlaubt genutzt werden. "Gewerbliche Nutzer" müssten Lizenzen erwerben. Dies gelte nicht "für die reine Verlinkung" und Zitate.

In das Urheberrechtsgesetz sollen die neuen Paragrafen 87f bis 87h eingefügt werden. Als Presseerzeugnis gilt demnach die "redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung". Dabei sei zu prüfen, ob diese "als überwiegend verlagstypisch anzusehen" seien und nicht "überwiegend der Eigenwerbung" dienten. Als Beispiel für potenziell schützenswerte journalistische Beiträge werden im Entwurf Artikel und Abbildungen genannt, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

Das geplante Monopolrecht soll ein Jahr nach der Veröffentlichung des geschützten Werks erlöschen. Es soll nicht zum Nachteil des Urhebers oder eines anderen Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden dürfen. Betroffene Beiträge sollen weiterhin für "nicht gewerbliche Zwecke" veröffentlicht werden können. Urheber seien an der Vergütung angemessen zu beteiligen.

Die Forderung nach dem Schutz der verlegerischen Leistung sei schon im 19. Jahrhundert erhoben worden, heißt es im Entwurf. Mit der digitalen Revolution sähen sich Presseverlage nun zunehmend damit konfrontiert, "dass andere gewerbliche Nutzer für die eigene Wertschöpfung systematisch" auf ihre Arbeiten zugriffen. Dabei gingen sie über das bloße Verlinken weit hinaus. Daher müsse der Gesetzgeber die wirtschaftlichen Interessen von Presseverlegern und kommerziellen Nutzern neu ausbalancieren.

Verleger müssten bei Rechtsverstößen nun nicht mehr die Rechtekette komplex nachweisen, sondern könnten unmittelbar insbesondere Unterlassungsansprüche geltend machen. Den Informationsfluss im Internet sieht das Justizressort andererseits nicht beeinträchtigt. Die bestehenden Schranken des Urheberrechts für das prinzipiell ausschließliche Verwertungsrecht sollten weiter gelten. Die Nutzungsmöglichkeiten für Verbraucher" würden nicht geändert. Der neue Monopolanspruch dürfe auch nicht als ein gesetzgeberischer Schutz alter, überholter Geschäftsmodelle missverstanden werden.

Im Detail könnten sich Probleme ergeben, kommerzielle Nutzungen zu deuten, was vor allem bei nutzergenerierten Inhalten wie Blogeinträgen deutlich wird. Als gewerblich anzusehen sei es, wenn Presseerzeugnisse so verwendet werden, dass damit mittelbar oder unmittelbar Einnahmen erzielt werden oder wenn die Verwendung "im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit steht". Wenn ein Blog eine "redaktionell ausgewählte Sammlung journalistischer Beiträge darstelle, die fortlaufend unter einem Titel erscheine", werde auch der Macher durch das neue Recht geschützt und sei so prinzipiell vergütungsberechtigt.

Sei ein Blogger etwa hauptberuflich als freier Journalist tätig und setze er sich auf seinem Blog mit seinem Schwerpunktthema auseinander, handele er zu gewerblichen Zwecken, wenn er Leistungen Dritter in Anspruch nimmt. Dafür müsse er eine Lizenz erwerben. Ein Blog sei andererseits nicht allein deshalb als kommerziell einzustufen, weil es "über Werbeeinblendungen des Hostanbieters" Einnahmen für diesen generiere. Verwende ein Blogger dagegen Fachartikel aus einschlägigen Presseerzeugnissen jenseits des Zitatrechts und blende zur Refinanzierung seiner eigenen Unkosten Banner oder den Bezahl-Button eines Micropaymentdienstes wie flattr ein, handele er aber zu gewerblichen Zwecken und müsse ebenfalls eine Lizenz erwerben. Ausgenommen seien etwa Betreiber von Journalbetreibern, die ehrenamtlich für einen gemeinnützigen Verein arbeiten.

Es würden "bereits kleine Teile" eines verlegerischen Produkts geschützt, heißt es weiter in dem Entwurf. Beispiele, ob damit etwa auch automatisch erzeugte Textauszüge in Form von Snippets in den Ergebnislisten von Suchmaschinen oder Überschriften erfasst werden sollen, bringt das Ministerium nicht, deutet dies aber an. Ebenso wie beim Leistungsschutzrecht etwa für Tonträgerhersteller umfasse die unternehmerische Arbeit nämlich "jeden Teil des Presseerzeugnisses". Insgesamt lehnt sich der Entwurf eng an die Position an, auf die sich die FDP-Bundestagsfraktion gerade verständigt hat. Die von Schwarz-Gelb zunächst beabsichtigte Vorgabe, dass für das Inkasso und die Verteilung der Entgelte von Suchmaschinenanbietern und News-Aggregatoren eine Verwertungsgesellschaft zuständig sein soll, wurde in dem Entwurf weggelassen. (anw)