Kraft: Öffentlich-rechtliche Inhalte sollten im Netz bleiben

Zur Eröffnung des 24. Medienforums hat die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin die Auflage für öffentlich-rechtliche Sender in Frage gestellt, nach der sie zahlreiche Sendungen nach sieben Tagen aus dem Netz nehmen müssen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Zur Eröffnung des 24. Medienforums NRW am Montag in Köln hat die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ein Ende der Sieben-Tage-Regel gefordert, nach der öffentlich-rechtliche Sender viele Beiträge nach Ablauf einer Woche aus ihren Online-Mediatheken löschen müssen. Die Spitzen der Sender fordern im Gegenzug, dass sie nicht stärker reguliert werden sollten als Telekommunikationsunternehmen, die mit eigenen Multimedia-Angeboten auf den Markt drängen.

"Die künftigen Beitragszahler sollen das öffentlich-rechtliche Angebot jederzeit und überall auf ihren stationären und mobilen Endgeräten abrufen können", erklärte Kraft. Damit stellte sie einen der wesentlichen Kompromisse in Frage, die 2009 als Zugeständnis an die private Konkurrenz in den Rundfunk-Staatsvertrag aufgenommen worden waren. In der Realität seien jedoch die Nutzer geschädigt, erläuterte die Politikerin: "Es ist nicht einleuchtend, dass viele dieser Angebote nach sieben Tagen aus dem Netz genommen werden müssen." Gerade bei der jüngeren Zielgruppe sei dies schädlich.

Hannelore Kraft spricht zur Eröffnung des 24. Medienforums NRW

(Bild: Ralph Sondermann/Medienforum)

Gleichzeitig stellte sie die digitale Vielfalt der Sender in Frage. So sei es fraglich, ob ARD und ZDF tatsächlich sechs verschiedene digitale Angebote benötigten. Kraft forderte auch eine Neuordnung der Medienaufsicht, für die die Länder zuständig sind. Die Pläne, den Privatsender Sat1 zukünftig der Aufsicht der Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein zu unterstellen, zeige die Grenzen des Modells auf. "Die Zuständigkeiten für bundesweite Sachverhalte sollten daher klar bei einer Medienanstalt der Länder gebündelt sein", forderte Kraft.

Um den Mediensektor im eigenen Bundesland zu fördern, setzt Kraft auf verschiedene Förderprogramme. So werden Kinos in NRW mit insgesamt bis zu drei Millionen Euro bei der Umstellung auf Digitaltechnik gefördert. Den schwindenden Auflagen bei den Regionalzeitungen will die Landesregierung mit einer neuen "Stiftung Vielfalt und Partizipation" begegnen , die unter anderem Aus- und Weiterbildungsangebote machen soll. Das mit 10 Millionen ausgestattete Innovationsprogramm "Digitale Medien NRW" nimmt ab sofort Förderanträge von Medienunternehmen entgegen.

Für ihre Medienpolitik bekam die Ministerpräsidentin von den anwesenden Medienunternehmern einhelligen Beifall. Doch gerade die Rundfunksender sehen sich wegen der Regulierung in Deutschland zunehmend im Hintertreffen. So sagte RTL-Chefin Anke Schäferkordt: "Mit stecken mit der Regulierung noch tief im analogen Zeitalter." Schützenhilfe erhielt sie dabei von der ARD-Vorsitzenden Monika Piel, die ebenfalls für den Abbau von Einschränkungen plädierte. "Viel der Piraterie im Internet wird dadurch verursacht, dass es so schwer ist, legal an Inhalte zu kommen." Das beste Mittel gegen Piraterie seien umfangreiche legale Angebote.

War das Medienforum in den vergangenen Jahren öfter vom Streit privater und öffentlich-rechtlicher Anbieter geprägt, üben sich die Vertreter der Medienhäuser in diesem Jahr eher den Schulterschluss. Neue Konkurrenz durch Netzbetreiber und Internetkonzerne mit eigenen Multimedia-Angeboten gibt den etablierten Anbietern zu denken. So hat Google angekündigt, die olympischen Sommerspiele in London per YouTube in 64 Ländern und Regionen zu übertragen und dringt dabei in die Domäne der etablierten Fernsehsender ein. Auch wenn deutsche Zuschauer davon noch nicht betroffen sind, erwartet ZDF-Intendant Thomas Bellut einen unmittelbaren Konkurrenzkampf: "Ich rechne damit, dass im Sportrechtemarkt deutlich aggressivere Aktionen kommen werden von den Googles dieser Welt."

Die Senderchefs fordern auch an einer Neubewertung des Verhältnisses zwischen Netzbetreibern und Inhalteanbietern. So haben die Öffentlich-Rechtlichen angekündigt ihre Zahlungen an Kabelnetzbetreiber einzustellen. WDR-Intendantin Piel begründete diesen Schritt "Es gibt in ganz Europa keinen Sender, der Kabeleinspeisegebühren zahlt." Gleichzeitig betonte die ARD-Vorsitzende, dass Betreiber von Plattformen wie AppleTV oder GoogleTV nicht verhindern dürften, dass die Inhalte direkt zum Gebührenzahler gelangen. (vbr)