Die DoS-Angriffe waren "kein Pearl Harbor"
Die US-Regierung warb auf einem "Sicherheitsgipfel" fĂĽr ihre Politik und will die Sicherheit im Internet weitgehend der Privatwirtschaft ĂĽberlassen.
Nach den DoS-Angriffen auf einige Server großer amerikanischer Online-Unternehmen hatte Clinton im Weißen Haus gestern einen "Sicherheitsgipfel" mit führenden Vertretern der größten Computer- und Internetfirmen einberufen. Das wichtigste Ergebnis ist, dass die US-Regierung die Sicherheit im Internet weitgehend der Privatwirtschaft überlassen will. Medienwirksam war zumindest auch, dass erstmals ein "Hacker" ins Weiße Haus eingeladen wurde, natürlich aus der "guten" Abteilung der "white hat hacker".
Die Störungen durch die Angriffe hätten gezeigt, so Präsident Clinton, wie wichtig das Internet bereits "für unsere ganze Lebensweise in den USA" geworden sei und dass Sicherheitsprobleme an einem Ort Risiken für alle schaffen können. Immerhin versuchte er, das Thema der Gefährdung etwas herunterzuspielen, das von vielen Medien in den letzten Tagen aufgebauscht wurde. Die Angriffe geben keinen Anlass zur Panik: "Ich denke, sie waren ein Alarm, aber sie waren kein Pearl Harbor. Wir haben unsere Flotte in Pearl Harbor verloren, aber ich glaube, dass der Schaden jetzt nicht damit gleichzusetzen ist."
Natürlich war dies eine gute Gelegenheit, das langjährige Bemühen der Clinton-Regierung hervorzuheben, für einen höheren Schutz der Infrastruktur zu sorgen und für die im nächsten Haushalt vorgesehene Erhöhung der entsprechenden Ausgaben auf zwei Milliarden Dollar zu werben, wozu beispielsweise die Einrichtung von FIDNET (Federal Intrusion Detection Network) für die staatlichen Computersysteme, steigende Personalausgaben für Computerexperten oder die Einrichtung eines Institute for Information Infrastructure Protection gehören, das mit einem Budget von 50 Millionen Dollar Mittel zum Schutz der Infrastruktur entwickeln soll. Sofort will Clinton neun Millionen Dollar bereitstellen, um das Institut und FIDNET zu starten.
Clinton betonte, dass die Regierung sich um die Sicherheit der staatlichen Computersysteme kümmern wolle, um als Vorbild für die Privatwirtschaft zu wirken, dass aber die Sicherheit des Internet nur durch eine Kooperation mit der Privatwirtschaft geleistet werden, die weitgehend selbst dafür sorgen müsse. Man wolle sich auch weiterhin aus einer Kontrolle des Internet heraushalten, um vornehmlich diesen Wirtschaftszweig nicht zu behindern, der wesentlich zum amerikanischen Wirtschaftsboom beigetragen habe. Die Vertreter der Unternehmen zeigten sich zufrieden und kündigten die Einrichtung eines Netzwerks an, um sich über Sicherheitsprobleme und Angriffe gegenseitig zu informieren. Es gebe zwar Bedenken, dass Unternehmen nicht allzu freizügig sein könnten, bestimmte Informationen mitzuteilen, aber man werde diese Hindernisse herausarbeiten und Lösungen dafür finden. Vorbild könnte das Informationsnetzwerk der Finanzinstitutionen sein, das letztes Jahr auf Veranlassung des Präsidenten eingerichtet wurde. Angeblich hatten die Banken schon vor den Angriffen von diesen Kenntnis erlangt, aber dies nicht den Behörden mitgeteilt.
Inzwischen geht das FBI Spuren nach, die auf die Täter hinweisen könnten (Coolio, Mafiaboy und andere Verdächtige). Und auch Bundesinnenminister Otto Schily ist aktiv geworden und hat die Einrichtung einer Task-Force zur Bekämpfung der Internetkriminalität angekündigt, deren Zuständigkeitsbereich aber noch im Dunklen liegt: Schilys Cyberwar.
Mehr in Telepolis: Kein Pearl Harbor. (fr)