E-Mail-Konten veranschaulichen globale Wanderungsströme

Durch die Auswertung der E-Mail-Kommunikation von 43 Millionen Yahoo-Benutzerkonten haben Forscher einen Einblick in die weltweiten Wanderungsströme erhalten. Demnach sind nach der Finanzkrise fast überall mehr Menschen ausgewandert.

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Forscher haben insgesamt 43 Millionen anonymisierte Konten des E-Mail-Dienstes von Yahoo analysiert und darauf aufbauend internationale Migrationsströme nachgezeichnet. Die dabei erzielten Ergebnisse veröffentlichte (PDF-Datei) Emilio Zagheni vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) am gestrigen Montag. Die IP-Adressen der E-Mail-Nutzer dienten dazu, ihren Wohnort zu ermitteln. Den setzten sie in Beziehung zu Geburtstag und Geschlecht der Nutzer, wie sie bei der Anmeldung angegeben wurden. Auch wenn dabei oft falsche Angaben gemacht würden, gingen die Forscher davon aus, dass die Mehrheit ehrlich sei. Zur Verfügung gestellt wurden die Daten von Yahoo.

Aus den USA Fortgezogene im Jahresvergleich

(Bild: MPIDR)

Die Untersuchung der E-Mail-Daten von September 2009 bis Juni 2011 zeigt demnach klar, dass die Mobilität nach der Finanzkrise deutlich zugenommen hat. So hat eine größere Zahl von Menschen Anfang 2011 die USA verlassen als noch ein Jahr zuvor. Eine ähnliche Entwicklung konnte in vielen entwickelten Staaten beobachtet werden, zum Beispiel in Irland, Spanien, Italien, Brasilien, aber auch Nigeria. Als deutliche Ausnahmen fallen die Schweiz und Taiwan aus diesem Trend. Hier nahm die Zahl der Auswanderer im gleichen Zeitraum sogar ab.

Die Untersuchung der Wanderung mittels der E-Mail-Kommunikation begründet Zagheni damit, dass die offiziellen Zahlen zu internationalen Migrationsströmen problematisch seien. So meldeten sich viele Menschen gar nicht oder erst spät amtlich um. Darüber hinaus gebe es gar keine internationale Übereinkunft darüber, wann jemand als Migrant gilt. Die anonymisierten E-Mail-Daten, bei denen die Forscher weder den Autor noch den Titel beziehungsweise Inhalt der Nachricht erkennen konnten, lieferten dagegen einen Einblick in Wanderungsströme in fast allen Staaten der Welt.

Wenn sich der Ort, von dem aus die Mehrzahl aller E-Mails versendet wurde, dauerhaft geändert hat, haben die Forscher den entsprechenden Nutzer als Migranten gezählt. Auf diese Art und Weise habe man Daten für fast jeden Staat der Erde gewonnen. Um diese dann repräsentativer zu gestalten, seien außerdem verschiedene mathematische Korrekturen in die Ergebnisse hineingerechnet worden. Tendenziell schreiben zum Beispiel ältere Menschen weniger E-Mails und wären deswegen in den Daten unterrepräsentiert.

Für die Zukunft hofft Zagheni auf noch genauere Daten, die viel realistischere Einblicke liefern können. Durch eine Verbesserung der mathematischen Korrekturen und die Einbeziehung anderer Dienste, wie beispielsweise von Twitter könnten dann auch schwierigere Fragen beantwortet werden. Außerdem ließen sich so wohl auch kurzfristige Bevölkerungsbewegungen wie in Japan nach dem Reaktorunglück von Fukushima auswerten. (mho)