Zynga setzt auf eigene Cloud-Netzwerke für Spieler

Mit einer neuen Web-API, synchronen Multiplayer-Partien und einem eigenen Social Network will sich der Spiele-Publisher auf seiner Hausmesse "Unleashed" weiter von Facebook emanzipieren.

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Von
  • Roland Austinat

Zynga-Firmenchef Mark Pincus eröffnete die hauseigene Veranstaltung für Presse und Analysten, konnte letztere aber mit Farmville 2 & Co. nicht überzeugen.

(Bild: Zynga)

Kurz vor dem fünfjährigen Firmenjubiläum hängt bei Zynga der Haussegen leicht schief: Der Marktwert des Unternehmens liegt mit 4,2 Milliarden US-Dollar bei nicht einmal der Hälfte der neun Milliarden Dollar, die es beim Börsengang im Dezember 2011 wert war. Zeit für den Haus-Event Zynga Unleashed, um Zuversicht zu verbreiten und einige Neuheiten vorzustellen. Dort begrüßte Zynga-Chef Mark Pincus die rund hundert Journalisten und Analysten aus aller Welt und verkündete ihnen einige Zahlen: 290 Millionen aktive Spieler pro Monat, 65 Millionen aktive Spieler pro Tag und über 22 Millionen Spieler auf Mobilgeräten pro Tag.

Chefingenieur Kostadis Roussos stellte stellte die neue Zynga API vor, die zum ersten Mal beim Casion-Spiel Zynga Slots eingesetzt werden und bald auch Third-Party-Entwicklern zur Verfügung stehen soll. Dadurch sollen externe Entwickler sich stärker auf die eigentliche Spielentwicklung konzentrieren können. Dabei helfen soll auch die zCloud, Zyngas private Cloud, die das Skalieren von Spielen im Verbund mit dynamisch zugeschalteten Public-Cloud-Servern erleichtert. Als Beispiel führte Roussos den Start von Castleville an, das bereits am ersten Tag 2,8 Millionen Spieler anlockte, von denen 80 Prozent in die Public Cloud geschoben werden konnten. So hätte sich Blizzard beim Launch von Diablo 3 viel Unbill ersparen können.

Im laufenden Betrieb kommen die Zynga-Server auf eine Million Interaktionen pro Sekunde und pflegen quer über alle Spiele täglich rund 100 Updates ein. Wie Roussos heise online verriet, ermöglichen es Zyngas Analysefunktionen den Entwicklern, mit etwa fünf Minuten Verzögerung den Zustand aller Server abzufragen und so quasi in Echtzeit zu verfolgen, welche Änderungen bei den Spielern besonders beliebt sind und welche die Designer noch einmal unter die Lupe nehmen müssen. Dabei müssen täglich 8 TByte an Daten verarbeitet werden, die Zyngas Spiele erzeugen. Neben der API, dem bereits erwähnten Pool von 290 Millionen potenziellen Spielern und einer verbesserten Sichtbarkeit unter Tausenden von Apps einer der Gründe für Entwickler wie Konami, Majesco, Portalarium und Rebellion, für die Zynga-Plattform zu entwickeln.

Synchrone Multiplayer-Partien mit vier Spielern stellte Zynga erstmals mit Bubble Safari vor. Andere Spiele sollen folgen.

(Bild: Zynga)

Auch wenn offiziell alle Redner die einheitlichen Logins durch Facebook Connect beschworen, viel lieber wäre Zynga wohl, wenn das Unternehmen sich die Gewinne nicht mit Facebook oder den Apple- und Android-Läden teilen müsste. Ein Schritt in diese Richtung ist Zynga with Friends, ein soziales Netzwerk, das Zynga-Spiele quer über alle Plattformen miteinander verbinden soll. Eine alle Spiele übergreifende Lobby, ein Echtzeit-Stream, der über die neuesten Spielereignisse der zFriends genannten Freunde informiert, Chats und synchrone Multiplayer-Funktionen gehören ebenfalls dazu. Auf der Bühne spielten vier Mitarbeiter das Knobelspiel Bubble Safari gegeneinander – synchron in Echtzeit. Das könnte einen der größten Kritikpunkte von Social Games aushebeln: dass Social Games eigentlich gar nicht so sozial sind, weil man immer nur zeitverzögert (asynchron) gegen seine Freunde spielt, die nichts als ein Foto auf einer ansonsten unscheinbaren Spielfigur darstellen. Zynga with Friends funktioniert auch unter Facebook – und erzeugt so ein soziales Netzwerk im sozialen Netzwerk.

Zynga will nicht nur einfache Klickspiele für Gelegenheitsspieler vertreiben. Phosphor Games' Action-Adventure Horn erscheint im Rahmen von Zyngas Partnerprogramm für Mobilentwickler. Auf den ersten Blick mutet der Held wie aus dem guten alten PS2-Adventure ICO an.

(Bild: Phosphor Games)

Zyngas Pläne machen auch vor Mobilplattformen nicht Halt: Erstmals gab das Unternehmen das Zynga-Partnerprogramm für mobile Plattformen bekannt und zeigte kurze Einblicke in ein paar Spiele. Darunter Horn (Phosphor Game Studios), ein Action-Adventure, das an eine Mischung aus Shadow of the Colossus und Infinity Blade erinnerte, Clayjam (Fat Pebble), ein Knetmännchen-Geschicklichkeitsspiel, in dem wie in Katamari Damacy Monster aufgerollt werden müssen, Twist Pilot (Crash Labs), ein Geschicklichkeitssspiel, in dem wie in Nintendos Kuru Kuru Kururin ein sich drehender Stab durch Labyrinthe gelenkt werden muss, und Rubber Tacos (Sava Transmedia), eine Knobelmischung aus The Incredible Machine, Super Mario Bros. und The Castles of Dr. Creep. Sogar Atari steigt ins Geschehen ein und will zum 40jährigen Firmenjubiläum "eine bekannte Marke" neu auflegen.

Mit der Vorstellung zahlreicher Eigenentwicklungen der teilweise teuer eingekauften Studios und Designer endete die Hausmesse. Dazu gehören Standardwerke wie Zynga Elite Slots, aber auch Ruby Blast für Mobilgeräte -- ein typischer Match-3-Titel von Jim Veevaert. Der jetzige Chef von Zynga Seattle war einst Executive Producer von Halo 3. Mark Skaggs (Command & Conquer, Farmville) demonstrierte The Ville, das nicht nur vom Schriftzug an The Sims erinnerte: Häuser bauen, Freunde treffen, Beziehungen pflegen. Jonathan Knight präsentierte Chefville, einer Art Cafe World 2.0 mit verbesserter Grafik, komplexerer Zutatenverwaltung und hunderten von virtuellen und ein paar Dutzend echter Rezepte, die es zur Belohnung für Vielspieler gibt. Mit einem kurzen Teaser-Trailer zu Farmville 2 endete der offizielle Teil von Zynga Unleashed. Den Anlegern imponierten die Nachrichten jedoch nicht sonderlich: Der Kurs der Zynga-Aktie fiel am Mittwoch um 5 Prozent auf 5,76 Dollar. (hag)