Kommission für Jugendmedienschutz startet Verfahren gegen Internetanbieter

Die KJM hat ein weiteres System zur Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen für bestimmte Inhalte im Internet zugelassen. Details zu Verfahren gegen Internetanbieter blieben unter Verschluss.

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Von
  • Monika Ermert

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat nach eigenen Angaben das mittlerweile neunte System zur Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen für digitale Inhalte zugelassen. Positiv bewertet wurde das System "18ok" der Bernhard Menth Internetkommunikation, das zusätzlich zum Post-Ident-Verfahren eine Identifizierung des Nutzers bei jedem einzelnen Nutzungsvorgang via persönlichem USB-Stick absichert. "Um die Weitergabe der Zugangsdaten zusätzlich zu erschweren, kommt in der Sphäre des Benutzers noch ein Kostenrisiko dazu", heißt es in der knappen Pressemitteilung der KJM. Die Webseite von 18ok ist vorerst noch nicht online.

Worauf die KJM in der Pressemitteilung nicht eingeht sind zwei noch zum Jahresende gestartete Verfahren gegen Internetanbieter wegen Verstößen gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV). Die KJM wurde mit den aktuellen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz  (JugendschutzgesetzJuSCHG, und für die KJM der JugendmedienschutzstaatsvertragJMStV) eingerichtet, die am 1. April 2003 in Kraft traten. Nach dem Jugendschutzgesetz müssen beispielsweise auch Computerspiele wie zuvor Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Alle neuen Medien, auch Internetseiten, können zudem künftig auf den Index gesetzt werden und damit Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden außerdem die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornografischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren.

Die Freenet AG Hamburg bestätigte gegenüber heise online eine KJM-Beschwerde, wollte zu Einzelheiten aber nicht Stellung nehmen. Bereits bei den Münchner Medientagen hatte der Leiter von Jugendschutz.net, Friedemann Schindler, Versäumnisse bei den Jugendschutzmaßnahmen auf dem Freenet-Portal gerügt. Der Jugendschutzbeauftragte von Freenet hatte noch Ende Dezember gegenüber heise online betont, man messe dem Jugendschutz einen hohen Stellenwert bei. Jugendgefährdende Inhalte würden durch das von der KJM für den Testbetrieb zugelassene "Jugendschutzprogramm" so programmiert, dass Eltern mittels entsprechender Filter ihre Kinder davon fernhalten könnten. Sobald man Kenntnis erlange, dass Dritte die Freenet-Dienste zur Verbreitung jugendgefährdender Inhalte missbrauchten, würden diese Inhalten unverzüglich gesperrt. Das sehen die Jugendmedienschützer nun offensichtlich anders.

Angehört wird außerdem innerhalb der nächsten Wochen auch ein Mitglied der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM), gegen das die KJM ein Verfahren eröffnet hat. Formal wird dabei anders als bei Freenet – dort liegt das Verfahren in den Händen der zuständigen Landesmedienanstalt – zunächst der Beschwerdeausschuss der FSM aktiv. Die FSM hatte nach einem langwierigen Anerkennungsverfahren als Selbstregulierungsorganisation gemäß dem Jugendmedienschutstaatsvertrag praktisch gleichzeitig mit der offiziell verkündeten Zulassung auch die Mitteilung erhalten, dass die KJM gegen ein FSM-Mitglied tätig werden will. Die KJM hatte dies in einer Pressemitteilung im November angekündigt, die FSM allerdings noch bis kurz vor Weihnachten zappeln lassen. Inzwischen liege die KJM-Beschwerde vor, bestätigte FSM-Geschäftsführerin Sabine Frank.

Über die Informationspolitik der KJM, die mehrfach Verfahren per Pressemitteilung angekündigt hatte, lange bevor sie die betroffenen Selbstkontrollorganisationen informierte, gab es bereits mehrfach Klagen. Die bereits 2003 anerkannte Freiwillige Selbstkontrolle Film (FSF) kritisierte dazu in ihrem letzten 230 Seiten starken Jahresbericht (PDF-Datei), dass in Einzelfällen auch auf Nachfrage keine Informationen zu öffentlich gerügten Verstößen an die FSF weitergeleitet wurden. Den Mangel an Kommunikation, schrieb die FSF, halte man für ein großes Hindernis auf dem Weg zu einem produktiven Verhältnis zwischen Selbstkontrolle und von staatlicher Seite eingesetzter Aufsicht.

Inzwischen haben FSF und KJM regelmäßige Treffen zum Informationsaustausch vereinbart, sagt Olaf Selg, Leiter der Geschäftsstelle der FSF. Allerdings erhalten die Prüfer der Selbstkontrollorganisationen nach wie vor keinen Einblick in die Prüfverfahren der KJM. Gerade die Diskussion um Grenzziehungen seien im Jugendmedienschutz aber wichtig, hieß es bei der FSF.

Im ersten Zwischenbericht seit ihrer Gründung beschränkte sich die KJM in Bezug auf diese schwierige praktische Arbeit auf wenig aussagekräftige, nackte Zahlen. Jugendschutz.net, die der KJM bei Verstößen gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag im Internet zuarbeitende Stelle, veröffentlicht ebenfalls nur eine kurze Zusammenfassung ihres Jahresberichtes. So bleibt die praktische Arbeit der obersten Jugendmedienschützer, vor allem der Stabsstelle in München, recht undurchsichtig. Presseanfragen werden dabei übrigens gerne unter Verweis auf laufende Verfahren abgeblockt, auch wenn es wie bei der letzten Sitzung im Jahr 2005 nicht nur um Freenet, sondern auch um Haushaltsfragen der KJM geht. (Monika Ermert) / (jk)