Russische Wikipedia streikt gegen Webzensur-Gesetz

Ein Gesetz, das zurzeit im russischen Parlament beraten wird, sieht zentrale Sperrlisten vor. Die Online-Enzyklopädie protestierte dagegen, indem sie offline ging.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die russische Ausgabe der Online-Enzyklopädie Wikipedia ist am heutigen Dienstag aus Protest gegen ein geplantes Gesetz zur Webzensur in Russland offline gegangen. Das Gesetz, das derzeit in der russischen Duma beraten wird, sieht zentrale Sperrlisten vor, mit denen Access-Provider Internetseiten sperren sollen, die Kinderpornografie verbreiten, Drogenkonsum fördern oder Anleitungen zum Selbstmord geben.

Einstiegsseite der russischen Wikipedia am 10. Juli.

Nach Angaben der Wikipedia-Aktivisten sollen dabei nicht nur DNS-Sperren, sondern auch IP-Blockaden eingesetzt werden, wodurch auch legale Webseiten betroffen sein würden. Die Eigentümer der Webseite sollen 24 Stunden Zeit haben, beanstandete Inhalte selbst zu entfernen, bevor der Hosting-Provider sperren muss. Reagiert der ebenfalls nicht innerhalb eines Tages, sollen die Access-Provider die IP-Adressen sperren.

Die Abschaltung der Wikipedia ist das äußerste Mittel der Freiwilligen-Gemeinschaft. So hatte im vergangenen Oktober bereits die italienische Wikipedia erfolgreich gegen ein Gesetz protestiert, das die Haftungsregeln für Internetportale wesentlich verschärfen sollte. Die englische Wikipedia schloss sich den Protesten gegen den umstrittenen Stop Online Piracy Act (SOPA) an, der anschließend im US-Parlament gekippt wurde. Wie der Streik diesmal zustande kam, ist unklar – offenbar war die US-amerikanische Wikimedia Foundation nicht vor dem Streik informiert.

Auch diesmal scheint der Protest Wirkung zu zeigen. Laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti hat der russische Kommunikationsminister Nikolai Nikiforov Nachbesserungsbedarf beim geplanten Gesetz angekündigt. (anw)