Microsoft-Prozeß: Gates brüllte am Telefon
Der IBM-Manager Garry Norris wirft Microsoft vor, IBM bei Lizenzverhandlungen unter Druck gesetzt zu haben.
Der IBM-Manager Garry Norris hat am Montag seine mit Spannung erwartete Zeugenaussage im Anti-Trust-Verfahren gegen Microsoft begonnen. IBM ist der erste PC-Hersteller, der bereit ist, konkret über die Methoden auszusagen, mit denen Microsoft sich die Marktdominanz für Betriebssysteme gesichert haben soll.
Laut Norris sollte IBM durch finanziellen Druck dazu gebracht werden, Konkurrenzprodukte wie OS/2 vom Markt zu nehmen. Microsoft-Lizenzchef Joachim Kempin habe IBM als Belohnung für derartiges Wohlverhalten niedrigere Preise für Windows-Lizenzen zugesagt. Microsoft scheint über die störrische Haltung von IBM nicht erfreut gewesen zu sein. Bill Gates habe bei einem Telefonat mit seinem Vorgesetzten derartig gebrüllt, so Norris, daß er das Gespräch gut mitverfolgen konnte. Gates sei sehr aufgeregt gewesen, weil IBM Konkurrenzprodukte unterstütze.
Auch die Übernahme von Lotus durch IBM führte anscheinend zu erheblichen Verstimmungen zwischen den beiden Computer-Giganten. Ein Microsoft Manager warnte ihn, so Norris, daß die beiden Firmen sich "auf Kollisionskurs" befänden und verlangte, daß IBM-Chef Gerstner Bill Gates anrufen sollte, um die Lotus-Übernahme zu erklären.
Sprecher von Microsoft kündigten an, daß sie im Kreuzverhör alle Vorwürfe widerlegen würden. Falls das nicht gelingt, wird die Verteidigung ein Ausweichmanöver versuchen: Ein Microsoft-Anwalt erklärte außerhalb des Gerichtes, die Anti-Trust-Gesetze seien zum Schutz der Verbraucher da und nicht zum Schutz von Wettbewerbern. "IBM kann argumentieren, daß sie geschädigt worden sind, aber sie repräsentieren nicht das öffentliche Interesse". (wst)