Saftige Gebühren beim Informationsfreiheitsgesetz in der Kritik

Das Bundesinnenministerium hat jetzt die Gebührenordnung fürs Informationsfreiheitsgesetz veröffentlicht, wonach selbst die Einsichtnahme bei einer Behörde vor Ort zwischen 15 und 500 Euro kosten kann.

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Das Bundesinnenministerium hat am heutigen Freitag die "Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz" im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (PDF-Datei). Die Höhe der darin festgesetzten Kosten, die auf den Bürger bei der seit Anfang des Jahres möglichen Abfrage von Akteninformationen bei Bundesbehörden zukommen, stößt insbesondere bei Medienverbänden auf scharfe Proteste. Vorab stand schon vor der Beratung des Informationsfreiheitsgesetzes zwar fest, dass die Behörden Gebühren bis zu 500 Euro für die Befriedigung des Interesses der Bürger erheben können würden. Überrascht hat nun aber eine Klausel, wonach selbst die Einsichtnahme von Akten direkt auf einem Amt mit Gebühren zwischen 15 und 500 Euro zu Buche schlagen soll.

"Ein Bürgerrecht darf nicht zur Sanierung der öffentlichen Kassen missbraucht werden", drängt Manfred Redelfs vom Netzwerk Recherche auf Nachbesserungen. Die mögliche "Gebührenkeule" lade nach Auffassung des Verbandes geradewegs dazu ein, dass "kooperationsunwillige Behörden" die Bürger von der Wahrnehmung ihrer neuen Rechte abhalten. Für Redelfs legt die Festsetzung des Innenministerium nahe, "dass auch die Arbeitszeit der Angestellten und Beamten in den Behörden anteilmäßig mit abgerechnet werden soll". Damit ticke für Bürger, die sich zu einer Akteneinsicht ins Amt begäben, immer schon "der Gebührenzähler". Es sei unverständlich, wieso die Bundesregierung hinter der Novelle des Umweltinformationsgesetzes zurückgeblieben sei. Dort setzte das Parlament auf Druck aus Brüssel hin fest, dass für den Blick in die Akten bei den Behörden vor Ort nichts zu bezahlen ist.

Heftige Kritik an der Verordnung übt auch Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV). Er spricht von einem gezielten Versuch, die Rechte des Informationsfreiheitsgesetzes "via Abschreckung" auszuhebeln. Das Risiko, im schlimmsten Fall 500 Euro für eine Auskunft zahlen zu müssen, werde viele recherchierende Journalisten davon abbringen, sich an die Behörden zu wenden. Laut Konken werden "freie Journalisten sich hohe Summen als Rechercheaufwand nicht leisten und auch viele Redaktionen ausufernde Gebühren nicht zahlen können." Der DJV wiederholt deshalb seine Forderung, die Kosten für den Informationszugang bewusst niedrig anzusetzen. Es dürfe nur der Material-, nicht aber den Arbeitsaufwand der Behörden in Rechnung gestellt werden.

Erste Einwände gegen die Kostensätze kommen ferner aus dem Bundestag. "Mit solchen Mammut-Gebühren verkehrt sich das Informationsfreiheitsgesetz in sein Gegenteil", wettert die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau. Benötigt würden stattdessen Sonderregeln für "Mindestrentner", Empfänger des Arbeitslosengeldes II und weitere spezifische Bevölkerungsgruppen.

Die Gebührenverordnung sieht vor, dass nur mündliche und einfache schriftliche Auskünfte sowie die Herausgabe weniger Kopien kostenlos sind. Für Vervielfältigungen werden ansonsten 10 Cent pro DIN-A4-Seite berechnet. Die Unterscheidung zwischen den eigentlichen Gebühren für den Einsatz eines Behördenmitarbeiters sowie "Amtshandlungen" auf der einen und "Auslagen" für Sachkosten auf der anderen Seite lässt es zu, dass bei der Bearbeitung von Ansprüchen Gesamtkosten von mehr als 500 Euro berechnet werden könnten. Aus "Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interessen" steht es aber auch in der Macht der Behörden, die Gebühren um bis zu 50 Prozent zu ermäßigen. In "besonderen Fällen" soll es ihnen freistehen, von einer Kostenerhebung gänzlich abzusehen. Eine nähere Erläuterung der schwammigen Kriterien oder gar eine pauschale Kostenbefreiung für die Presse hat das Innenministerium nicht vorgenommen.

Das Informationsfreiheitsgesetz soll eigentlich einen allgemeinen, vom Auskunft begehrenden Bürger nicht näher zu begründenden Zugang zu amtlichen Informationen eröffnen. Damit einhergehen sollte nach dem Willen der ehemaligen rot-grünen Regierungsfraktionen auch ein Paradigmenwechsel im Denken der Behörden hin zu mehr Offenheit und Transparenz im Sinne des "gläsernen Rathauses". Medienpolitiker, Beauftragte für die Akteneinsicht bei Bund und Ländern sowie Verbände der Zivilgesellschaft hatten nach der Verabschiedung des Gesetzes dazu aufgefordert, die neuen Rechte bis zu ihren Grenzen hin auszuloten. Ausnahmen vom Recht auf Akteneinsicht bestehen für zahlreiche Fälle, etwa bei der Beeinträchtigung der finanziellen Interessen des Bundes, bei sicherheitsrelevanten Belangen oder auch bei Geschäftsgeheimnissen. (Stefan Krempl) / (jk)