EU-Regulierung soll Investitionen in Netze fördern

EU-Kommissarin Neelie Kroes hat ihre Pläne für die Regulierung der Netze in der Europäischen Union vorgestellt. Die Kommission plädiert für Zurückhaltung, dennoch passen die geplanten Maßnahmen nicht allen Betroffenen.

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EU-Kommissarin Neelie Kroes hat neue Leitlinien für die Regulierung der Netze in der Europäischen Union vorgestellt. Ziel der Regulierungspolitik müsse sein, Investitionen in neue Hochgeschwindigkeitsnetze anzuregen, sagte die für die Digitale Agenda zuständige Kommissarin am Donnerstag in Brüssel. Die Vorschläge sind das Ergebnis einer europaweiten Befragung von Netzbetreibern, Regulierungsbehörden, Verbänden und Investoren, die die Kommission im vergangenen Oktober begonnen hatte. Einige Schlussfolgerungen der Vizepräsidentin der EU-Kommission schmecken deutschen Branchenvertretern nicht.

Kommissarin Kroes legt die Marschroute für die Netzregulierung in der Union fest.

(Bild: EU-Kommission)

Neue Anwendungen wie Clouddienste, eHealth oder Smart-TV drohten durch den Flaschenhals DSL über Kupferdraht ausgebremst zu werden, erläutert die Vizepräsidentin der Kommission. Daher müssten die Unternehmen gestärkt werden, welche die lebenswichtige Infrastruktur stellen: die Netzbetreiber. Die Regulierung müsse dabei helfen, dass insbesondere Investitionen in Next-Generation-Networks nicht behindert werden. "Regulierungspolitik sollte helfen und kein Hindernis sein", sagte Kroes.

Generell plädiert Kroes für eine zurückhaltende Regulierung, die sich auf einen gesunden Wettbewerb konzentrieren sollte. Dabei müsse die Politik darauf achten, keine Techniken zu bevorzugen. Direkte und indirekte Auswirkungen etwa der Preisregulierung des Netzzugangs müssten bedacht werden. Kroes will die Regulierung so ausrichten, dass Wettbewerber gleichberechtigten Zugang zu den alten und neuen Netzen der ehemaligen staatlichen Unternehmen erhalten. Dies will die Kommissarin als erstes mit einer Empfehlung angehen.

Die "komplexe" Frage der richtigen Preise für den Zugang zur Kupferader oder Teilnehmeranschlussleitung (TAL) ist strittig. Die Kommission ist nicht überzeugt, dass stufenweise sinkende TAL-Zugangspreise Investitionen in neue Netze anregen. Tatsächlich sei die Investitionstätigkeit dort verhältnismäßig gut, wo der TAL-Zugangspreis beim EU-Mittel von rund 9 Euro oder darüber liege.

Diese politische Preissetzung für den TAL-Zugang stößt dem Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) übel auf. "Neelie Kroes geht mit ihrem Vorschlag, den Preis für die Teilnehmeranschlussleitung aus politischen Gründen nicht zu senken, aus Sicht des Wettbewerbs in die völlig falsche Richtung", kritisiert VATM-Chef Jürgen Grützner. "Künstlich hohe TAL-Entgelte werden einen schnellen Breitbandausbau in Deutschland be-, wenn nicht gar verhindern."

Die TAL sei "das wichtigste Vorleistungsprodukt, auf dem fast der gesamte Wettbewerb im Festnetz beruht", führt Grützner weiter aus. Auf diesen Zugang seien rund 80 Prozent des Wettbewerbs angewiesen, weil es mangels Open-Access-Verpflichtung keinen Zugang zu anderen Infrastrukturen wie etwa dem TV-Breitbandkabel gebe. "Das größte Problem ist, dass die Unternehmen beim jetzigen Preisniveau nicht mehr in der Lage sind, Endkundenprodukte kostendeckend anzubieten, weil die Vorproduktpreise hierfür zu hoch sind." (vbr)