Wikileaks braucht 1 Million Euro zum Fortbestehen

Für Unterstützer von Wikileaks gibt es eine neue Möglichkeit, dem Projekt Spenden zukommen zu lassen. Parallel zum Spendenaufruf hat die Wau Holland Stiftung zwei Transparenzberichte zur Wikileaks-Finanzierung veröffentlicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 85 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Für Unterstützer von Wikileaks gibt es eine neue Möglichkeit, dem Projekt Spenden zukommen zu lassen. Nach Mitteilung der Whistleblower-Plattform hat sich der französische Fonds de Défense de la Net Neutralité (Fond zur Verteidigung der Netzneutralität) bereit erklärt, ein Spenden-Gateway über den französischen Finanzdienstleister Carte Bleu einzurichten, der seinerseits im Visa-Verbund erreichbar ist. Nach Angaben von Wikileaks benötigt das Projekt sofort 1 Million Euro, um weitermachen zu können.

Parallel zum dringenden Spendenaufruf hat die Wau Holland Stiftung als bisher wichtigstes Spendengateway zwei Transparenzberichte für das Jahr 2011 und für das 1. Halbjahr 2012 (PDF-Dateien) veröffentlicht. Aus ihnen geht hervor, dass Wikileaks 2011/12 Ausgaben von rund 900.000 Euro hatte, während nur rund 172.000 Euro an Einnahmen bei der Stiftung ankamen. Entsprechend schrumpfte das über die Jahre angelaufene Guthaben von Wikileaks von rund 800.000 auf unter 100.000 Euro zusammen.

Während der Transparenzbericht zum 1. Halbjahr 2012 nur eine flüchtige Übersicht bietet, entspricht die Jahresaufstellung für 2011 eher dem Transparenzgedanken, auch wenn die Rubrizierung etwas eigenwillig ist. So findet sich das an Julian Assange gezahlte Jahresgehalt von 72.000 Euro unter dem Punkt Logistik, unter dem ansonsten die Reisen von Wikileaks-Aktivisten geführt werden. Begründet wird dies damit, dass Assange die Projektleitung innehatte. Weitere 40.000 Euro wurden in diesem Unterpunkt für die Projektplanung gezahlt. Insgesamt erhielt Wikileaks knapp 200.000 Euro.

Der größte Batzen der Spendengelder von rund 265.000 Euro wurde 2011 für drei Kampagnen ausgegeben, wobei die Recherche, technische und journalistische Aufbereitung vergleichsweise kostengünstig waren. Mit 111.000 Euro belasteten dagegen die doch hohen Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit die Kassen von Wikileaks, trotz der Unterstützung durch "Medienpartner".

Ob Wikileaks 1 Million Euro zusammenbekommt und damit die aufgezehrten Mittel bei der Wau Holland Stiftung ersetzen kann, wird davon abhängen, ob das neue französische Zahlungsgateway im Verbund des Visa-Kreditkartensystems geduldet wird und ob es Wikileaks gelingt, die erlahmende Spendenbereitschaft anzukurbeln. Das letzte, vom schweizerisch-isländischen Provider Datacell angebotene Zahlungsgateway konnte im Jahre 2010 nach der Veröffentlichung des Videos "Collateral Murder" nach Auskunft von Datacell-CEO Andreas Fink gegenüber heise online bis zu 120.000 Euro Spenden am Tag einholen, ehe es vom dänisch-norwegischen Zahlungsdienstleister Teller A/S geschlossen wurde. Danach hatte sich Datacell an den isländischen Dienstleister Valitor gewandt, der jedoch bald die Überweisungsmöglichkeit sperren ließ. Die Klage gegen diese Sperre hatte Wikileaks zwar gewonnen, doch die Auseinandersetzung ist noch nicht zu Ende, da Valitor Berufung gegen das Urteil eingelegte. (jk)