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Spieleentwickler beklagt ungerechte Behandlung durch den Jugendschutz

In seiner Eröffnungsansprache zur Games Developer Conference beklagte sich Julian Eggebrecht von Factor 5 über die Absurditäten des US-amerikanischen Rating-Systems für den Jugendschutz.

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Die Computer- und Videospielbranche sieht sich von den Jugendschützern ungerecht behandelt. Während die Filmindustrie in Werken wie Bonnie und Clyde, Clockwork Orange oder Natural Born Killers extreme Gewaltszenen zeigen dürfe, ohne auf dem Index zu landen, müssten Spiele ihre Inhalte bis zur Unkenntlichkeit verändern, um für Jugendliche freigegeben zu werden. Julian Eggebrecht, Chef des Spielentwicklers Factor 5 zeigte auf der Eröffnungsveranstaltung zur Games Developer Conference in Leipzig Beispiele aus dem Spiel Lair, das in den USA mehrfach angepasst werden musste, um das vertraglich festgelegte "Teen Rating" der ESRB in den USA zu erhalten.

In Lair steuert der Spieler einen Drachen, der Feuer speit und Soldaten auffrisst. Laut Eggebrecht mussten sämtliche umherfliegenden Körperteile aus dem Spiel entfernt oder bis zur Unkenntlichkeit abgedunkelt werden. Statt der Köpfe werden im fertigen Spiel nun Helme abgeschlagen. Kein Problem hatte die ESRB hingegen mit Feuerexplosionen, bei denen tausende Soldaten verbrennen. Eggebrecht nannte die Vorgaben der ESRB absurd.

Noch strenger würden in den USA Sexszenen behandelt. Während Filme wie Der letzte Tango in Paris, Basic Instinct, Crash oder Eyes Wide Shut sehr explizite Nacktszenen enthielten, würden in Spielen selbst Andeutungen mit einem "M-Rating" bedacht, das die Verbreitung stark einschränkt. So hatte Factor 5 ursprünglich ein so genanntes Easter Egg in Lair eingebaut, bei dem der Cheat "Hot Coffee" in Anspielung auf den Eklat um Grand Theft Auto San Andreas einen kurzen Film mit einer Kaffeemaschine abspielt. Dieser musste jedoch wieder aus dem Spiel entfernt werden, weil er die Autorität der ESRB untergraben hätte.

"Das riecht nach McCarthy. Wir Spielentwickler werden verfolgt wie die Kommunisten in den 50ern", erklärte Eggebrecht, weil noch nicht einmal mehr eine satirische Kritik an dem Rating-System erlaubt sei. "Sex gehört zu den Grundbedürfnissen wie Essen und Schlafen." Wenn Sex in Spielen nicht gezeigt werden dürfe, dann würden Spiele es laut Eggebrecht auch nie zu einer eigenen Kunstform schaffen, da sie dieses wichtige menschliche Grundbedürfnis nicht behandeln könnten.

Eggebrecht forderte ein diffenzierteres Rating-System, bei dem zwischen dem Teen- und Mature-Rating noch weitere Zwischenstufen eingefügt werden. "Dies würde unsere Arbeit als Designer sehr vereinfachen." Letztlich hätten nicht technische Neuerungen der Playstation 3, sondern die Anpassung an die ESRB-Forderungen die meisten Probleme bei der Entwicklung von Lair bereitet. (hag)