Urheberrecht: EU-Vertreterin bremst Ausnahmen zugunsten Blinder

Die EU-Vertreterin bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) bremst eine Vereinbarung, nach der Werke auch ohne Zustimmung des Urhebers zum Beispiel in Brailleschrift übertragen werden dürfen.

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Von
  • Monika Ermert

Die EU-Vertreterin bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) hat sich gegen verbindliche Schrankenregelungen zu Gunsten von Sehbehinderten und Blinden ausgesprochen. Maria Martin-Prat, Chefin des Urheberrechtsreferats im Kabinett von Binnenmarktkommissar Michel Barnier, habe im nicht-öffentlichen Teil des Treffens des WIPO-Urheberrechtsausschusses einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag abgelehnt, bestätigen übereinstimmend mehrere Beobachter. Ein österreichischer WIPO-Delegierter bestätigte in einem auf Youtube veröffentlichten Kurz-Interview überdies, seine Delegation sei "wie die EU" gegen die verbindlichen Urheberrechtseinschränkungen.

Die Schrankenregelungen des seit mehreren Jahren diskutierten WIPO-Abkommens zugunsten von Sehbehinderten und Blinden sollen die Übertragung geschützter Werke in geeignete Formate wie etwa Brailleschrift erlauben – nötigenfalls auch ohne vorherige Zustimmung der Rechteinhaber. Als eine regelrechte Verhöhnung der Demokratie geißelte der ehemalige Europaparlamentarier David Hammerschmidt die jetzige Haltung der EU. Hammerschmidt verwies auf einen einstimmigen Beschluss, in dem sich das EU-Parlament unter anderem ausdrücklich für einen verbindlichen Vertrag ausgesprochen hatte. Auch Binnenmarktkommissar Barnier habe sich danach zu einer verbindlichen Lösung bekannt. Noch vor einer Woche hätten der Petitionsausschuss des Europaparlaments die Unterstützung für die Blindenschranke erneut bekräftigt. Kritiker halten die Urheberrechtsreferentin Martin-Prats wegen ihres jahrelangen Engagements als Juristin beim internationalen Musikverband IFPI für befangen.

Hingegen stehen Vertreter der Rechteinhaber, etwa der Internationale Verlegerverband IPA auf Seite der Nichtregierungsorganisationen und derjenigen Regierungen, die einen raschen Abschluss des Abkommens befürworten. Hierzu zählt nun auch die Australische. James Love, Direktor der Organisation Knowledge Econology International (KEI) riet der EU und den ebenfalls zögerlichen USA, den Fisch jetzt an Land zu ziehen oder den Köder abzuschneiden. Gelinge erneut kein Kompromiss, hätten die WIPO-Mitglieder allerdings mit einem harten Urteil der internationalen Öffentlichkeit zu rechnen, prognostizierte ein Vertreter der US Computer & Communications Industry Association. (ssu)