Vorratsdatenspeicherung kommt die TK-Branche teuer zu stehen

Der Bitkom hat eine erste Grobkalkulation für die Investitions- und Betriebskosten durch die geplante Verpflichtung zur Vorhaltung von Verkehrsdaten erstellt, die demnach jeweils im zweistelligen Millionenbereich liegen.

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Der Branchenverband Bitkom hat eine erste vorläufige Berechnung für die Summen erstellt, welche die von der geplanten Verpflichtung zur sechsmonatigen Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten betroffenen Telekommunikationsunternehmen für ihre Hilfssheriffs-Tätigkeiten leisten müssten. "Nach den bislang allenfalls möglichen Grobkalkulationen ist damit zu rechnen, dass die Umsetzung der mit der Vorratsdatenspeicherung verbundenen Verpflichtungen branchenweit zusätzliche Investitionskosten in mittlerer bis hoher zweistelliger Millionenhöhe" verursache, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Interessenvertretung. Dazu kämen "zusätzliche jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe".

Die Lobbyvereinigung bleibt daher bei ihrer Auffassung, dass die von der Bundesregierung bisher nicht vorgesehene Einführung einer umfassenden Entschädigungsregelung, die sowohl Investitions- als auch Betriebskosten erfasst, unbedingt notwendig sei. Sie unterstreicht daneben, "dass sich abseits der branchenweit anfallenden Kosten die Belastung im Einzelfall – gerade bei kleineren und mittelständischen Unternehmen – noch zusätzlich zuspitzen wird". Dies sei etwa der Fall, "wenn hier zur Umsetzung der Verpflichtungen gänzlich neue Systeme installiert oder auch zusätzliches Personal eingestellt werden muss". Entsprechende Auswirkungen könne eine aggregierte Schätzung naturgemäß nicht hinreichend erfassen. Gleichwohl sei der Gesetzgeber "selbstverständlich gehalten, auch diese Auswirkungen zu berücksichtigen".

Generell sind die Telcos und Provider durch die im Raum stehenden Vorgaben laut dem Bitkom gezwungen, ihre Netzinfrastruktur massiv aufzurüsten. "Es bedarf dafür einerseits der Bereitstellung erheblicher zusätzlicher Kapazitäten für die Erhebung und Speicherung der anfallenden Daten, andererseits der Entwicklung von Such- und Datenverwaltungsroutinen, was etwa umfangreiche Programmierleistungen beinhaltet." Darüber hinaus würden der laufende Betrieb und die Wartung der neuen Systeme "einen maßgeblichen Kostenfaktor" bilden. Hierzu zählt der Verband die konkreten Speicherkosten, Datenbank-Wartung, Verwaltung des Datenvolumens sowie das notwendig werdende Auskunftssystem. Personalkosten in auch für große Unternehmen "spürbarem Maße" seien jeweils noch dazuzurechnen.

Die Grobskizzierung beruhe zudem auf einem lediglich moderaten Anstieg des aktuellen Verkehrs- und Datenaufkommens. Als weitere "Dunkelziffer" in die Bewertung mit einzubeziehen sind laut dem Verband die noch nicht geklärte technische und prozessuale Umsetzung der Forderung zur erweiterten Erhebung der Handy-Gerätekennung IMEI. Dazu kämen möglicherweise Kosten für die Aufrüstung im IP-Bereich und für die Ausweitung der Kapazitäten in den Netzelementen; dies wäre zur Bewältigung der zu erwartenden Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung im Rahmen der ausschließlichen Ausleitung von Verkehrsdaten nach Paragraph 100 g Strafprozessordnung (StPO) notwendig. Auch der Umfang der anfallenden Auskunftsersuchen auf Basis der neuen Ermächtigungen sei genauso noch unklar wie die Auswirkungen "etwaiger zusätzlicher zivilrechtlicher Auskunftspflichten" zur Verfolgung von Urheberrechtsdelikten oder "Auskunftsersuchen im Zusammenhang mit Gefahrenabwehrmaßnahmen".

Eine Verpflichtung zur Vorhaltung getrennter Systeme zur Speicherung der Vorratsdaten, über die das Bundesjustizministerium momentan nachdenkt, lehnt die Branchenvereinigung ab. Den Unternehmen sollte es selbst überlassen bleiben, in welchem konkreten technischen Rahmen sie die vorgesehenen gesetzlichen Archivierungsverpflichtungen umsetzen und ob sie dazu etwa bisherige Kundensysteme mitnutzen. Insgesamt seien die Unternehmen durch die genannten diversen Unsicherheitsfaktoren bereits "einschneidend in ihrer eigenen betriebswirtschaftlichen Kalkulation belastet". Zuvor hatte bereits der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco beklagt, dass das Fass der Belastungen für die Provider mit der Vorratsdatenspeicherung überlaufe.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die etwa beim Telefonieren im Fest- oder Mobilfunknetz und bei der Internet-Nutzung anfallen, siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

(Stefan Krempl) / (jk)