Swisscom-Konkurrenten klagen wegen Bitstrom-Zugang und Preisen für letzte Meile

Sowohl sunrise als auch der Kabelnetzbetreiber Cablecom halten die Preise, die der Ex-Monopolist Swisscom für die Teilnehmeranschlussleitung von der Konkurrenz verlangt, für viel zu hoch. Auch weigere sich Swisscom, einen Bitstrom-Zugang bereitzustellen.

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Von
  • Tom Sperlich

Der Telekomanbieter TDC Switzerland AG (mit seiner Marke sunrise) wird Klage gegen das marktführende Telekommunikationsunternehmen Swisscom AG einreichen. Grund sind die zu hohen Preise für die Benutzung des Kupferkabels zwischen Hausanschluss und Ortszentrale ("letzte Meile") sowie der verweigerte Zugang zum schnellen Datennetz (Bitstream Access). In spätestens sieben Monaten muss die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) über die Höhe des Preises entscheiden. Die Offerte von Swisscom für den Hausanschluss lieg weiterhin massiv über dem europäischen Durchschnitt, bemängelt Sunrise.

Auch der Kabelnetzbetreiber Cablecom hatte, wie die Schweizerische Depeschenagentur (sda) berichtet, bereits Anfang August angekündigt, bei der ComCom Klage gegen den Swisscom-Preis für den Hausanschluss einlegen zu wollen. Wie ein Cablecom-Sprecher gegenüber heise online bestätigte, wird derzeit eine Klage vorbereitet, über deren Inhalte gegenwärtig keine Auskünfte erteilt würden. Laut dem Unternehmenssprecher will Cablecom das Swisscom-Netz mitbenutzen, um kleinen und mittleren Geschäftskunden (KMU) Telekommunikationsprodukte anzubieten.

Mit Inkrafttreten eines revidierten Fernmeldegesetzes am 1. April 2007 wurde der der Ex-Monopolist Swisscom verpflichtet, den Mitbewerbern zu kostenorientierten Preisen folgende Dienste anzubieten: Verrechnen von Teilnehmeranschlüssen des Festnetzes, vollständig entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss, Mietleitungen und Zugang zu den Kabelkanalisationen sowie während vier Jahren den schnellen Bitstrom-Zugang. Wie Sunrise am Dienstag mitteilte, habe man sich mit Swisscom in drei Bereichen geeinigt. Die beiden Telekomunternehmen unterzeichneten Verträge zur Verrechnung des Teilnehmeranschlusses, zur vollständigen Entbündelung der Anschlussleitung sowie zur Kollokation (Zugang zu den Telefoniezentralen).

Bislang nicht einigen konnten sich sunrise und Swisscom beim Preise für die Hausanschlüsse. Den kostendeckenden Preis für die Miete der Kupferkabel durch Mitbewerber sieht der Ex-Monopolist Swisscom bei 33,40 Schweizer Franken (20,60 Euro) pro Monat einschließlich Mehrwertsteuer . Das sind deutlich mehr als die 25,25 Franken (15,55 Euro), die heute jeder Telefonkunde monatlich für seinen Telefonanschluss bezahlen muss. Sunrise schwebt dagegen ein Preis im europäischen Durchschnitt von rund 17 Franken (10,50 Euro) vor. Die Swisscom begründet ihre Preisforderungen mit den höheren Lohn- und Baukosten sowie den strengeren Bauvorschriften in der Schweiz. Die ComCom hat bis zu sieben Monate Zeit, um die Tarife festzulegen. Der ehemaligen Monopolistin stehen danach weitere Rechtsmittel gegen den Entscheid offen. "Das Verfahren wird sich voraussichtlich länger hinziehen", befürchtet sunrise-Sprecher Konrad Stokar.

Auch ihren Mitbewerbern den Zugang zum schnellen Datennetz (Bitstream Access) anzubieten, verweigert sich die Swisscom weiterhin. Sie sei, so ihre Argumentation, gar nicht marktbeherrschend. Im Breitbandmarkt herrsche ein intensiver Wettbewerb mit den Kabelnetzbetreibern, betont Swisscom. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen habe in einem Verfahren festgestellt, dass man der Swisscom keine Marktbeherrschung im Schweizer Breitbandmarkt nachweisen könne. Während vier Jahren soll der Bitstrom-Zugang eine rasche und flächendeckende Versorgung mit Breitbanddiensten ermöglichen, bis der Ausbau der vollständigen Entbündelung erfolgt ist. Auch gegen diese Verweigerung der Swisscom will sunrise nun klagen, sagt Stokar.

Durch die Entbündelung der Anschlussleitung wird sunrise auch ein eigenes ADSL-Angebot ermöglicht. Das gegenwärtige ADSL-Angebot von sunrise, das bei Swisscom eingekauft werde, lohne sich aber wegen der hohen Swisscom-Preise nicht, sagt der sunrise-Sprecher. Notwendig sei für eine praktikable Teilnahme am Breitbandmarkt aber auch noch der Bitstrom-Zugang, gerade für entfernte Regionen oder für Datenleitungen für kleinere und mittlere Unternehmen. Trotzdem lasse man sich nicht von dem "juristischen Geplänkel" aufhalten, betonte Stokar, und biete ab circa Jahresende Datendienste für Firmenkunden an. Angebote für Privatkunden plant Sunrise im Frühling 2008. Bis 2010 will Sunrise mit eigener Infrastruktur rund 80 Prozent der Bevölkerung erschließen.

Sunrise erwartet nach dem Entscheid durch die ComCom Rückzahlungen von der Swisscom für heute zu viel bezahltes Geld. Außerdem hätten bereits mehrere kleine Telekom-Anbieter Verträge mit der Swisscom unterzeichnet, in der Hoffnung auf einen Erfolg der Klage von sunrise, erklärte Stokar. (Tom Sperlich) / (jk)