Brandenburger Kabinett beschließt Verschärfung des Polizeigesetzes

Das Gesetz regelt unter anderem die Videoüberwachung öffentlicher Orte, das Abhören von Handys auch ohne Anfangsverdacht und die präventive Wohnraumüberwachung.

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  • dpa

Nach langem Tauziehen in Brandenburgs SPD/CDU- Koalition hat das Kabinett am Dienstag einer Verschärfung des Polizeigesetzes zugestimmt. Die Veränderungen machten die Polizei leistungsfähiger im Kampf gegen Verbrechen, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Kernpunkte sind neben der Videoüberwachung das Abhören und Orten von Handys auch ohne Anfangsverdacht, die automatische Fahndung nach Autokennzeichen und die präventive Wohnraumüberwachung.

Einige Maßnahmen sind auf zwei Jahre begrenzt, um ihre Praxistauglichkeit zu prüfen. Dazu gehört die Möglichkeit, zur Gefahrenabwehr die Telekommunikation zu verhindern oder zu unterbrechen sowie die Handy-Ortung mit dem so genannten IMSI-Catcher. Auch die Kennzeichenfahndung wird zunächst nur auf Probe in das Gesetz aufgenommen. Die am 20. Dezember auslaufende Frist für den sechsjährigen Modellversuch zur Videoüberwachung wird laut Schönbohm aufgehoben. Die Überwachung habe sich bewährt, hieß es.

Je nach Einschätzung der Polizei soll die Videoüberwachung künftig an besonders gefährdeten Orten möglich sein. Dabei ist eine Daueraufzeichnung erlaubt, die Bilder müssen aber nach 48 Stunden gelöscht werden, sofern sie nicht für die Strafverfolgung von Bedeutung sind. Bisher wurde nur bei begründeten Anlässen aufgezeichnet, die Aufnahmen waren jedoch erst nach einem Monat zu vernichten. "Der Gesetzentwurf ist, glaube ich, ausgewogen", sagte Minister Schönbohm. Rechte und Belange der Bürger würden "in größtmöglichem Umfang" gewahrt. Der Landtag soll die Gesetzesnovelle im Oktober in erster Lesung beraten, sodass sie noch in diesem Jahr vom Parlament beschlossen werden könnte.

Es sei wichtig, dass die Polizei bei Entscheidungen nicht allein gelassen wird und klare Normen gelten, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Britta Stark. Gerade bei der Überwachung der Telekommunikation legten die Sozialdemokraten großen Wert darauf, dass es dafür einen eng gefassten Katalog an Tatbeständen gibt. Ihre endgültige Zustimmung zu dem Gesetz macht die SPD-Fraktion von weiteren Anhörungen im Innenausschuss abhängig.

Politiker der Linkspartei.PDS und Bündnis 90/Die Grünen übten scharfe Kritik. "Vor dem Hintergrund der Abwehr von Kriminalität und Terrorismus" dränge der Gesetzentwurf die Bürgerrechte systematisch zurück, kritisierte der Innenexperte der PDS, Hans-Jürgen Scharfenberg. "Insgesamt machen diese Maßnahmen deutlich, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung scheibchenweise zu Gunsten angeblicher Sicherheit geopfert wird." Für den Landesvorsitzenden der Bündnisgrünen, Axel Vogel, ist die Novelle verfassungsrechtlich nicht haltbar. "Lauschangriffe auf Wohnungen und das Abhören von Telefonen stellen schwer wiegende Grundrechtseingriffe dar." Minister Schönbohm gehe es darum, eines der schärfsten Polizeigesetze Deutschlands "durchzuboxen".

Auch der IT-Branchenverband Bitkom hatte starke Bedenken an dem Gesetzentwurf geäußert und sieht nicht, dass das Gesetz den Anforderungen der Verfassungshüter entspricht. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Begehrlichkeiten der Ermittlungsbehörden mit einschlägigen Urteilen zur Rasterfahndung und zur präventiven Telefonüberwachung im niedersächsischen Polizeigesetz bereits empfindliche Dämpfer verpasst. (dpa) / (vbr)