FBI will Gesichtserkennung zum Abgleich mit "öffentlichen Daten" nutzen

Die US-Polizeibehörde FBI hat auf Anfrage von Bürgerrechtlern neue Dokumente zu ihrem Biometriesystem veröffentlicht. Die Aktivisten schließen daraus, dass Verdächtige auch in sozialen Netzwerken ausfindig gemacht werden sollen.

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Das FBI hat auf Anfrage von Bürgerrechtlern und Gewerkschaften neue Dokumente zu seinem "Next Generation Identification"-System (NGI) veröffentlicht. Die Aktivisten schließen daraus, dass Verdächtige mit Hilfe von Techniken zur automatischen Gesichtserkennung auch in sozialen Netzwerken ausfindig gemacht werden sollen. Sie stützen sich dabei auf erhaltene vorvertragliche Verabredungen zwischen der US-Polizeibehörde und einzelnen Bundesstaaten, in denen die sich im Aufbau befindliche Biometriedatenbank als erstes verwendet werden soll.

Laut einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem FBI und Hawaii, die die Electronic Frontier Foundation (EFF) über eine Informationsfreiheitsanfrage bekommen hat, soll das NGI die Nutzung von Fotos unabhängig davon erlauben, ob ein Betroffener bereits einer Straftat überführt wurde oder nicht. Dies hält die EFF für problematisch, da die Ermittler schon im Vorfeld erklärt hätten, mit dem System Personen "in öffentlichen Datenmengen identifizieren" und "eine automatische Überwachung an Beobachtungsposten durchführen" zu wollen.

Für die zivilgesellschaftliche Organisation besteht so kein Zweifel daran, dass das FBI das NGI zum verdachtsunabhängigen Abgleich mit Fotos und Videoaufnahmen von Menschenmengen an öffentlichen Plätzen und Bildern in Online-Gemeinschaften verwenden will. Eine Präsentation der Behörde zeigt in diesem Sinne eine Darstellung von Facebook-Nutzern und Bildschirmfotos von Webseiten. Wie eine Absichtserklärung mit Maryland erläutere, monieren die Bürgerrechtler, dürften Verwaltungsstellen auch große Datenmengen auf einen Schlag in das System einführen.

Bei einer Anhörung im US-Senat hatte ein FBI-Vertreter vergangene Woche noch versichert, dass die Ermittler Methoden zur computergestützten Gesichtserkennung derzeit nur zum Abgleich mit Datenbanken überführter Straftäter nutzten. Fotos aus sozialen Netzwerken oder anderen Quellen im Internet blieben außen vor.

In den jetzt publik gewordenen Papieren wird auch diskutiert, biometrische Daten aus zivilen Verwaltungsakten und Gerichtsunterlagen zu vereinen und sie mit einem Schlüsselwort oder einer Identifikationsnummer auffindbar zu machen. Die EFF verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass etwa Fingerabdrücke, die für Anstellungstests bei Regierungsstellen abgegeben werden müssten, bislang nicht automatisch zur Strafverfolgung herangezogen würden.

Insgesamt strebt die Polizeibehörde an den Belegen zufolge an, bis zur vollen Inbetriebnahme des Programms 2014 mindestens 12 Millionen "durchsuchbare", frontal aufgenommene Gesichtsfotos in das System zu überführen. Dazu sollen unter anderem Finger- und Handabdrücke sowie Iris-Scans kommen. Weiter ist der Einsatz mobiler Scanner und Auswertungsgeräte und eine enge Verbindung mit dem Department of Homeland Security (DHS) vorgesehen.

Mit 77 Ländern weltweit unterhält das FBI bereits Vereinbarungen zum Austausch biometrischer Daten. Fast 600.000 von insgesamt einer Million internationaler Einträge in der Datenbank sollen allein aus Afghanistan kommen. Deutschland und die USA haben bereits einen Abgleich biometrischer Datenbanken besiegelt, vergleichbare Kooperationen mit Ländern wie Irland, Spanien oder Australien werden besprochen. Die Konsequenzen aus derlei Abkommen auf den Datenschutz hat die Polizeibehörde der EFF zufolge seit 2008 nicht mehr untersuchen lassen. (gr)