Die Pager sind zurück in Österreich

Trotz oder vielleicht gerade wegen der schrittweisen Einführung von digitalem Behördenfunk etablieren sich in Österreich wieder Pager-Netze.

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Trotz oder vielleicht gerade wegen der schrittweisen Einführung von digitalem Behördenfunk etablieren sich in Österreich wieder Pager-Netze. Sie dienen in erster Linie der Alarmierung von Sicherheitsdiensten wie Rettung und Feuerwehr. Das größte Netz versorgt Wien, Niederösterreich und das nördliche Burgenland, setzt auf den POCSAG-Standard mit 1.200 Baud und ist seit einigen Wochen auch für Privatpersonen geöffnet. Dabei wird an Firmen mit Alarmierungsbedarf, etwa Sicherheitsdienste oder Schneeräumer gedacht. Mit einer Flatfee von unter 10 Euro pro Monat ist der Dienst wohlfeil, ein robuster Pager kostet rund 200 Euro. Die Nachrichten an einzelne User oder definierte Alarmkreise werden über die Alarmzentrale, ein Web-Interface oder ein spezielles Festnetztelefon mit QWERTZ-Tastatur namens Habimat abgesetzt.

Betrieben wird pagernetz von der Leitstellen-Entwicklungs-, Betriebs- und Integrationsgesellschaft m.b.H (LEBIG), die ohne Gewinnabsicht arbeitet. Derzeit werden vor allem das Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Notarzthubschrauber der ÖAMTC- und Aerial-Flugrettung sowie First-Responder-Ärzte und -Führungskräfte alarmiert. Um hohe Ausfallsicherheit zu erreichen, sind die aktuell knapp 80 Sendestationen per Satellit angebunden. Durch zusätzlich je Station individuell eingestellte Zeitverzögerungen von einigen Mikrosekunden ist ein synchroner Betrieb möglich, der die gleichzeitige Alarmierung aller Nutzer ermöglicht. Meist arbeiten Pager-Netze mit Richtfunkstrecken und benötigen daher asynchrone Signale, um die gegenseitige Auslöschung der Wellen zu verhindern -- dies verlangsamt jedoch die flächendeckende Alarmierung. Die Nutzung von Satelliten beschleunigt auch den Aufbau zusätzlicher Sender nach Bedarf. Besonders kritische Bereiche wie Einsatzzentralen von Hubschraubern werden mit bis zu sechs überlappenden Zellen erschlossen.

Derzeit werden pro Tag etwa 4.000 echte Alarmmeldungen sowie 403.000 Testmeldungen im Rahmen eines Langzeittests übertragen. Seit Beginn des Netzaufbaus im März 2005 wurden über 800.000 echte Alarme abgesetzt. Aus Sicht der LEBIG gibt es für den Zweck der Alarmierung viele Vorzüge gegenüber einem Tetra-Bündelfunknetz: "Erstens gibt es bisher keine Tetra-Pager. Zweitens kostet ein Pager-Netz nur einen Bruchteil, unsere Abdeckung werden die neuen Behördenfunknetze nie erreichen", meint Martin Theuerweckl, pagernetz-Projektleiter bei Lebig. "Drittens ist unsere Ausfallsicherheit viel höher. Ein POCSAG-Sender benötigt gerade 1 Ampere Strom, läuft also auch ohne Stromnetz mit Akku sehr lange. Und da das Netz mit Überlappungen redundant ausgelegt ist, fällt bei einer Störung der Ausfall einer einzelnen Station überhaupt nicht auf. Trotzdem zählen wir die Tage, bis unser altes Funknetz durch Tetra abgelöst wird." Tetra bringe viele Vorteile, solange es nicht für Alarmierungen eingesetzt werde.

In Oberösterreich betreibt der Landesfeuerwehrverband ebenfalls ein POCSAG-Pager-Netz. Der letzte kommerzielle Pager-Dienst in Österreich war bis Ende 2002 von der Mobilkom Austria betrieben worden. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)