Armdrücken 2.0: MySpace sperrt Photobucket

MySpace-Nutzer können keine bei Photobucket liegende Videos mehr in ihre Profile einbinden. Offiziell geht es um unerwünschte Werbung, dahinter steckt womöglich auch ein Kräftemessen unter Web-2.0-Riesen.

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Was ist das Web 2.0 wert? Diese Frage stellen sich nicht nur Investoren, die Millionen in soziale Netzwerke wie StudiVZ stecken. Die Diskussion um eine mögliche Wertschöpfung neuer Netztechniken wird in der Berliner Kalkscheune ebenso geführt wie in der US-Blogosphäre. Am jüngsten Beispiel der Foto- und Video-Sharing-Seite Photobucket lässt sich nun der Effekt beobachten, den ein Spielverderber auf den Web-2.0-Kindergarten haben kann.

Den bösen Buben spielt gerade Rupert Murdoch. Der Medien-Tycoon hat sich mit MySpace eine Community veritabler Größe gekauft und will diese Reichweite auch vermarkten. Photobucket funktioniert wie vergleichbare Angebote und stellt Dienste zur Verfügung, mit denen sich Videos und Fotos auf anderen Websites einbinden lassen. Dabei konzentriert sich das Angebot, das nach eigenen Angaben 40 Millionen Nutzer hat, auf die große Community von MySpace. Fans finden das formidabel Zwei-Null, Skeptiker wie der Blogger und Ex-Microsoft-Mann Robert Scoble nennen es eine parasitäre Existenz.

Photobucket ist auf Käufersuche. Das Unternehmen macht Schlagzeilen, im Fortune-Magazin erscheint ein Artikel über die "größte Website, von der du nie gehört hast". Die mit dem Verkauf betrauten Banker bringen eine Summe von 300 bis 400 Millionen US-Dollar ins Spiel. Doch wurden auch Fragen laut, ob das Geschäftsmodell nicht zu sehr an eine Community gekoppelt ist, und was passiert, wenn die ihren Mitgliedern die Nutzung von Photobucket nicht mehr erlaubt. Das passiert schon nicht, ist bei Fortune zu lesen, da könnte MySpace ja gleich Millionen Nutzer rausschmeißen.

Jetzt ist es passiert. Seit dem gestrigen Mittwoch können auf MySpace-Seiten keine Videos von Photobucket mehr eingebunden werden. Offiziell hieß es, Photobucket habe seine Nutzer animiert, eine mit Werbung – in diesem Fall für "Spider-Man 3" – garnierte Slide-Show zu übernehmen. Das sei ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen. Es ist nachvollziehbar, dass MySpace keine Werbung untergeschoben haben möchte, insbesondere nicht für einen Konkurrenten der eigenen Konzernschwester 20th Century Fox (Spider-Man wird von Columbia Pictures produziert, das zum Sony-Konzern gehört). Vielleicht ist es aber auch nur ein Muskelspiel unter 2.0-Giganten und der Versuch Murdochs, den derzeitigen Hype um Photobucket zu untergraben. Und den Preis zu drücken, um selbst billig zuschlagen zu können, wie einige US-Blogger munkeln.

Das dürfte ihm gelungen sein. Denn in der Diskussion treten die nackten Zahlen wieder in den Vordergrund. Im vergangenen Jahr, so ist im Netz aufgetauchten Aufstellungen zu entnehmen, soll Photobucket 9,3 Millionen US-Dollar umgesetzt haben. Den weitaus größten Teil davon, 6,3 Millionen, mit Werbung. Für das Jahr 2007 lautet die ambitionierte Prognose 32 Millionen US-Dollar. Offiziell sind diese Hausnummern nicht, viele Web-2.0-Unternehmen sind gelinde gesagt zurückhaltend, wenn es um Zahlen geht. Kritiker halten die Prognose auch für zu hoch gegriffen. Doch seien selbst 30 Millionen Jahresumsatz angesichts der angeblich 17 Millionen Besucher im Monat und einem Nutzerstamm von 40 Millionen nicht wirklich viel.

Umsätze und Nutzerzahlen sagen alleine nicht viel aus. Eine Kostenaufstellung (allein die Bandbreite für einen Foto/Video-Dienst kostet ein paar Dollar) oder gar klassische Bilanz sieht man im 2.0-Universum selten. Auch Holtzbrinck und StudiVZ feiern ihre fast zwei Millionen Nutzer, verraten aber noch nicht, was mit denen für ein Umsatz zu machen ist. Oder wie das überhaupt gehen soll. (vbr)