Buchkritik: Nomad Two Worlds
Im Projekt "Nomad Two Worlds" verschmelzen westliche Fotografie und indigene Kunst. Ein neuer Bildband fasst große Teile der bislang nur in Ausstellungen gezeigten Werke zusammen.
- Robert Seetzen
(Bild: Verlag teNeues)
Russel James gehört zu den erfolgreichsten Fotografen der Modebranche, zu seinen Kunden zählen Vogue, Sports Illustrated, GQ und Vicoria's Secret. Zuletzt fiel sein Name allerdings häufiger im Zusammenhang mit dem von ihm initiierten Projekt "Nomad Two Worlds", einem weltweit beachteten Brückenschlag zwischen westlicher Kultur und indigenen Volksgruppen.
Bereits vor etwa zehn Jahren als eher persönlich motivierte Spurensuche in James' Heimat Australien begonnen, hat sich Nomad Two Worlds inzwischen zu einer erfolgreichen Mischung aus Kunst und sozial orientiertem Wirtschaftsunternehmen gewandelt. Im Rahmen von Nomad Two Worlds sind nicht nur die im Bildband gezeigten Arbeiten, sondern unter anderem auch Videos und kunstvoll gestaltete Gebrauchsartikel entstanden. Das bislang größte Medienecho haben allerdings die beispielsweise in New York, Melbourne und Berlin veranstalteten Ausstellungen gefunden.
Dem Bildband kommt nun die nicht einfache Aufgabe zu, die Dynamik, den Facettenreichtum und die Hintergründe des Projekts zumindest anteilig zu vermitteln. Wer bislang keinerlei Kontakte zur Kunst und Philosophie der Aborigines und der nordamerikanischen Indianer hatte, könnte den Werken des Bildbands tatsächlich zuerst etwas ratlos gegenüber stehen. Visuell fraglos reizvoll, bleiben die in James' Fotografien eingemalten Symbole und Figuren Uneingeweihten wohl überwiegend rätselhaft.
Dass Nomad Two Worlds seine Geheimnisse nicht ohne eine ernsthaftere Auseinandersetzung preisgibt, dürfte durchaus im Sinne des Projekts sein. Mehr noch: Wer etwas Zeit und vor allem ein lebendiges Interesse an fremder Kultur mitbringt, sollte anfangs vielleicht ganz bewusst auf die Lektüre der Begleittexte und der gegen Ende des Buches aufgeführten Erläuterungen verzichten. Dass im ersten Teil des Bildbands zunächst die originalen, nicht übermalten Fotografien zu sehen sind, erweist sich dabei als hilfreiche Unterstützung eigenständiger Interpretation. Diese Bilder erst eine Weile wirken zu lassen, um sie dann später in der von einem anderen Künstler bearbeiteten Form anzuschauen, kann intuitivem Verstehen durchaus den Boden bereiten. Für Leser ohne gute Englischkenntnisse bleibt diese Art des Zugangs zudem alternativlos, die Texte des Bildbands sind ausschließlich in englischer Sprache abgedruckt.
Erstaunlich in diesem Zusammenhang: Obwohl Nomad Two Worlds seit geraumer Zeit in den Medien präsent ist und die Ausstellung auch bereits in Deutschland zu sehen war, gibt es nur wenige deutschsprachige Informationen. Die in Deutsch online verfügbaren Texte behandeln eher die teils hoch prominenten Unterstützer des Projekts als seine Anliegen und Arbeitsweisen. Um also etwa zu erfahren, warum der Schauspieler Hugh Jackman für Nomad Two Worlds um die Welt reist, muss man letztlich eben doch das von ihm verfasste, englischsprachige Vorwort des Bildbands lesen. Gleiches gilt für die Hintergründe des Engagements in dem vom Erdbeben zerstörten Haiti. Wobei die deutliche Sprache der in Zusammenarbeit mit haitianischen Künstlern entstandenen Bilder hier manches Wort unnötig macht.
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Nomad Two Worlds Russel James Verlag teNeues 220 Seiten, ca. 250 Abb. , Texte englisch 27 x 36 cm 79,90 Euro ISBN 978-3-8327-9591-7 |
(tho)