Urteil gegen mutmaßlichen Fakeshop-Betrüger erwartet

Am Augsburger Landgericht fällt voraussichtlich am kommenden Dienstag das Urteil in einem der größten Fälle von massenhaftem Online-Betrug. Über Jahre soll eine Bande gegen Vorkasse Waren wie Notebooks verkauft haben, ohne die Artikel jemals zu liefern.

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Von
  • dpa

Anderthalb Jahre waren die Ermittler einer Bande von Internetbetrügern auf den Fersen – im Mai 2011 gelang ihnen der große Schlag. Gegen den mutmaßlichen Drahtzieher, einen 23-Jährigen aus Essen, soll nun am Dienstag das Urteil vor dem Augsburger Landgericht fallen. Der Schwerpunkt der sogenannten Fakeshop-Bande soll in Nordrhein-Westfalen gelegen haben – auch drei bereits verurteilte Komplizen kommen von hier.

Vor gut zwei Monaten begann in Augsburg der Prozess gegen die vier Angeklagten. Sie sollen zu Betrugszwecken rund 190 Online-Shops eingerichtet haben. Über Jahre soll die Bande gegen Vorkasse Waren wie Notebooks, Haushaltsgeräte, Werkzeug oder sogar Goldbarren im Wert von mehr als 1,1 Millionen Euro verkauft haben – ohne die Artikel jemals zu liefern. Es geht um rund 2050 Fälle.

Die Betrüger sollen auch Bankkunden ihre Kontodaten samt Pin entlockt haben. In 117 Fällen sollen dabei insgesamt mehr als 200.000 Euro abgebucht worden sein. Die Anklage lautet unter anderem auf banden- und gewerbsmäßigen Betrug, Datenfälschung und Ausspähung von Daten.

Auf die Spur der Bande brachte die Ermittler im September 2009 der Mitinhaber eines Elektro-Unternehmens im schwäbischen Nördlingen. Bei ihm waren mehrere Anfragen von frustrierten Käufern eingegangen, die auf einer Internetseite Waren bestellt und bezahlt, aber nicht bekommen hatten. Das Impressum der Seite verwies – leicht verändert – auf die Daten der Nördlinger Firma, die allerdings nach LKA-Angaben ahnungslos war.

"Dieses Verfahren ist in Bezug auf die Enttarnung von Internettätern und in seiner Dimension bisher einzigartig", sagte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Peter Dathe, nach der erfolgreichen Razzia im Mai 2011. Durchsuchungen gab es laut LKA in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.

Der 23-Jährige wirkte im Verfahren jung und kindlich, immer wieder schaute er zu seiner Familie, winkte und schnitt Grimassen. Der Vorsitzende Richter fragte die 30 und 36 Jahre alten Mitangeklagten, wie es denn sein könne, dass sie von dem weit jüngeren Mann Aufträge bekommen hätten. Die Antwort: Er habe immer älter und erwachsener gewirkt, als er tatsächlich gewesen sei.

Zuletzt stellte der 23-Jährige vor Gericht mehrere Beweisanträge. Auch am Dienstag könnte er das wieder tun – dann verzögern sich Plädoyers und Urteil möglicherweise weiter. Die Verfahren gegen die drei anderen Angeklagten waren zuvor abgetrennt worden.

Ein 30-Jähriger aus Lüdenscheid wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Er hatte zugegeben, für erstellte Online-Shops rund 40.000 Euro und ein teures Auto bekommen zu haben. Ein 36-Jähriger aus Bergisch Gladbach bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung. Auch er hatte zugegeben, Shops eingerichtet zu haben. Eine 30-Jährige aus Steinheim bei Paderborn erhielt eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe. Sie habe Online-Shops gestaltet und Daten
eingepflegt – obwohl ihr am Ende klar gewesen sei, dass gar keine Waren ausgeliefert würden, gestand sie. (hob)