Anhaltender digitaler Boom in der Schweiz
Eine neue Studie dokumentiert im Detail, wie sich digitale Kommunikations- und Unterhaltungstechnologie in der Schweiz verbreitet.
Eine gerade veröffentlichte Studie belegt die anhaltende Digitalisierung der Kommunikations- und Unterhaltungstechnologie in der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren. Die zum vierten Mal durchgeführte KommTech-Studie wird herausgegeben von der Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM) und der Publica Data AG, ein Tochterunternehmen der SRG SSR idée suisse.
Endgültig hat sich wohl das Internet als ein Massenmedium der Schweizer Bevölkerung etabliert: Mittlerweile haben 72,7 Prozent der befragten Personen Zugang zum Netz. Der größten Anteil, nämlich 770 Personen der insgesamt 2481 repräsentativ Befragten surften in der Altersklasse von 45 bis 64 Jahren. Interessant ist, dass der grösste Teil der Befragten schon vor dem Jahre 2000 begann das Internet zu nutzen. Die meisten Schweizer Nutzer tun dies zuhause (97,4%), am Arbeitsplatz gingen lediglich 43,6 Prozent online. Gerade 50,9 Prozent verfügen überhaupt über einen Internetzugang am Arbeitsplatz. Der wird dann allerdings täglich oder fast täglich genutzt (40,9%). Unterwegs gehen lediglich 2,4 Prozent der Schweizer online. Für den Zugang zum Web setzen 71,3 Prozent den Microsoft Internet Explorer ein, 14,8 Prozent den Firefox-Browser. 87,6 Prozent der Schweizer sind mit einem Windows-PC im Internet unterwegs.
Laut der Kommtech-Studie, die in ihrer Erhebung stets streng zwischen Nutzung zuhause und am Arbeitsplatz unterscheidet, wurde in den letzten drei Monaten das Internet besonders häufig für E-Mail (87,8%) und die Informationssuche (87,1%) zuhause genutzt. Am Arbeitsplatz verschicken und empfangen gerade mal 37,6 Prozent E-Mail und ebenfalls nur 44,8 Prozent setzen an ihrem Schreibtisch das Internet zur Informationssuche ein. Zuhause holen 43,5 Prozent Fahr-, Flug-, Reiseinfo ein (6,6% am Arbeitsplatz), Homebanking betreiben 34,8 Prozent (im Büro 4%). Zuhause ist weiterhin besonders das Lesen tagesaktueller Nachrichten (32%) und das Online-Shopping (28,3%) beliebt. 46,3 Prozent haben allerdings noch nie etwas im Netz eingekauft, währenddessen dies 21,7 Prozent der Befragten etwa einmal pro Monat tun. Dabei werden vor allem Bücher gekauft und Reisen gebucht (beides rund 20%). Musik erwarben 12,9 Prozent via Internet-Download. Erstaunlich wenig Personen nutzen die Dienste von Online-Brokern – gerade mal 2,1 Prozent der Schweizer gaben an, das Web für Aktienkauf und -verkauf zu nutzen. Noch weniger, nämlich 1,2 Prozent der Internetnutzer, bewegen sich in einer virtuellen Welt. Davon sind es verschwindende 0,6 Prozent der Frauen und 1,7 Prozent der Männer, die eine Parallelexistenz im Metaversum leben.
Das schmalbandige POTS (Plain Old Telephone System) spielt beim Zugang ins Internet nur noch eine geringe Rolle: Sieben Prozent der Nutzer wählen sich über eine analoge Telefonleitung ins Netz ein, sechs Prozent über ISDN. Für den Internet-Anschluss am meisten genutzt wird ADSL mit 62,9 Prozent, Breitband-Zugänge via TV-Kabel bringen es auf 17,8 Prozent. In diesem Jahr besaßen noch 95,1 Prozent der Schweizer Haushalte einen Festnetzanschluss (67,3% über die Swisscom als Service Provider und 11,6% über Sunrise, Tele2 5,4% und Cablecom 5,3%). 4,2 Prozent nutzen zum Telefonieren das TV-Kabel und immerhin 4,2 Prozent das Internet.
Seit vergangenem Jahr nicht mehr gestiegen ist laut der Kommtech-Studie die Zahl der Mobiltelefonnutzer, die sich bei 84 Prozent einzupendeln scheint. 98,9 Prozent der Jugend in der Schweiz nutzt ein Handy und auch bei den Senioren über 65 Jahren sind es schon 56,2 Prozent, die mobil telefonieren und SMS schreiben/empfangen. Neben diesen Anwendungen sind es gerade noch 15,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung, die MMS empfangen oder schicken. 21,9 Prozent nutzen die Fotografie-Features ihres Mobiltelefons, doch gerade mal 1,6 Prozent nutzen das Gerät um E-Mails abzurufen und zu versenden, noch weniger (1,2%) um damit fernzusehen. Bezahlt via Handy-Payment-Funktionen wird nur von verschwindenden 0,5 Prozent der Schweizer Handy-Nutzer. Immerhin 8,8 Prozent nutzen aber schon das Handy für Videotelefonie. Zwar verfügen heute ein Viertel der Menschen in der Schweiz (25,8%) über MP3-Player-Funktionen in ihrem Mobiltelefon (17% mehr als 2005), Musik darauf gehört wird allerdings nach Angaben der Kommtech-Studie nur von 6,8 Prozent.
Steil angestiegen ist vor allem die Nutzung weiterer digitaler Medien via Internet. 14 Prozent der Jugendlichen behaupten, sie betreiben einen Blog und noch mehr Leute in der Altersgruppe 15 bis 24, nämlich bereits ein Fünftel, hören Radio über Internet. 26 Prozent der Jugendlichen vergnügen sich heute schon mit Videos im Internet, wie sie etwa YouTube anbietet; letztes Jahr waren es erst sechs Prozent. 14 Prozent verwenden bereits das Internet für das reguläre TV-Programm mittels Angeboten wie Zattoo. Digitales Fernsehen (via DVB-T, ADSL, Kabel-TV-Netz oder Satellit) wird bereits von 13 Prozent der Haushalte genutzt, was einer Steigerung um fünf Prozentpunkte seit 2005 entspricht. Weiter digital aufgerüstet wird bei den Schweizern auch in anderen Sektoren der Unterhaltungselektronik. So ist vor allem ein weiterer Anstieg von Flachbildschirmen zu verzeichnen. Ihr Anteil hat sich seit 2005 von 11 auf 26 Prozent erhöht. Und auch andere digitale Medien boomen. So sind separate digitale Fotoapparate (zusätzlich zum Handy) nicht aus Schweizer Haushalten wegzudenken: Bereits 57 Prozent der Eidgenossen besitzen eine digitale Fotokamera. Im Vorjahr waren dies erst knapp unter 50 Prozent und 2005 gar erst 40 Prozent. Bei digitalen Videokameras hat sich im Vergleich zum Vorjahr der Anteil um drei Prozent auf rund 16 Prozent erhöht.
Vor lauter digitalen Unterhaltungsmedien vergessen die Schweizerinnen und Schweizer aber nicht auf dem Laufenden zu bleiben. Auf die Frage: "Informieren Sie sich täglich über das aktuelle Zeitgeschehen?", antworteten 89,4 Prozent aller Befragten mit Ja. Dafür nutzen immer noch 69,6 Prozent die bewährte "Glotze", das Radio folgt mit 51,6 Prozent, das Internet wird dafür bereits von 23,4 Prozent der Befragten eingesetzt, aber auf die traditionelle Tageszeitung mögen 71,4 Prozent nicht verzichten. Die Kommtech-Studie ist für Mitgliedsfirmen der IGEM gratis und kostet für Nicht-Mitglieder 5000 Schweizer Franken (3050 Euro). Es sind auch Spezial-Analysen verfügbar. (Tom Sperlich) (ps)