Verknotbarer Akku

Der koreanische Batteriehersteller LG Chem hat eine kabelförmige Batterie entwickelt, die in Textilien oder Kopfhörerkabel integriert werden könnte. Für Industriedesigner eröffnen sich damit ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten.

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Von
  • Katherine Bourzac

Der koreanische Batteriehersteller LG Chem hat eine kabelförmige Batterie entwickelt, die in Textilien oder Kopfhörerkabel integriert werden könnte. Für Industriedesigner eröffnen sich damit ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten.

Die digitale Gesellschaft von heute ist ohne tragbare Energiespeicher undenkbar. All die Mitteilungen, Bilder und Töne kommen ins Stocken, wenn der Strom nicht mehr fließt. Zwar halten Akkus heute länger als früher, doch ihre Form macht sie noch immer zu einem mehr oder weniger sperrigen Bestandteil. Der koreanische Batteriehersteller LG Chem will dies mit neuartigen „Kabelbatterien“ ändern.

Vorerst noch ein Laborprototyp, sollen sie irgendwann Strom direkt in Kopfhörerkabeln und Textilien speichern. Selbst verknotet funktionieren die langgestreckten Lithium-Ionen-Akkus, auch wenn sie im gegenwärtigen Entwicklungsstadium noch nicht sehr leistungsfähig sind.

Biegsame Akkus gebe es bisher nur als Folien, eine Form, die Designer beschränke, sagt Je Young Kim, Leiter der Batterieforschung bei LG Chem. Seiner Gruppe ist es nun gelungen, die anorganischen Elektrodenmaterialien in eine elastische Spiralform zu bringen. „Diese Struktur ermöglicht es, beliebige mechanische Verformungen auszuhalten“, sagt Kim. „Damit können wir Akkus in allen drei Raumdimensionen biegsam machen.“

Die Forscher fertigen zunächst Kupferdrähte an, die mit Nickel und Zinn – zwei aktiven Elektrodenmaterialien – ummantelt sind. Einzelne Drähte verweben sie zu metallischen Fäden, die sie wie eine Spule um einen länglichen Stab wickeln. Anschließend wird der Stab entfernt und die Spule gestreckt. So eine entsteht eine längliche Feder mit einem Durchmesser von einem Millimeter. Sie dient zugleich als Stützstruktur und als Anode.

Um die wickeln die Forscher weitere Teile des Akkus, darunter Aluminiumdraht als Basis für die zweite Elektrode. Das Konstrukt tauchen sie dann in eine chemische Mischung, die Lithium-Kobaltoxid enthält – das eigentliche Kathodenmaterial. Nach dem Trocknen versiegeln sie die Kabelbatterie mit einem Schutzmaterial. Im letzten Schritt füllen sie das Kabel mit einem ionenhaltigen Elektrolyten.

Der 25 Zentimeter lange Prototyp kann genug Strom aufnehmen, um einen iPod Shuffle der vierten Generation zehn Stunden lang laufen zu lassen. Knicke und Knoten im Kabel würden das Entladen des Akkus kaum beeinträchtigen, sagt Kim. „Man könnte diese Kabelbatterien in Textilien, Gürtel, Armbänder oder Halsketten einbauen.“

Ray Baughman, Direktor des Nanotech Institute der University of Texax in Dallas, ist von der Robustheit der Konstruktion angetan. „Das ist ein toller kreativer Ansatz“, lobt Baughman, der selbst leitfähige Folien und Fasern aus Kohlenstoffnanoröhren entwickelt hat.

Mit neuen Formfaktoren wie diesem könnten Designer mehr Energie in tragbare Geräte bekommen, sagt Max Burton, Leiter der Abteilung Industriedesign bei Frog Design. Die Firma aus San Francisco war unter anderem an der Gestaltung der frühen Macintosh-Computer von Apple beteiligt.

Weil die Batterietechnik sich nicht im gleichen Tempo wie die mobile Computertechnik entwickelt hat, müssen Industriedesigner immer wieder an der Gesamtkonstruktionen tüfteln, damit die Geräte nicht zu viel Strom verbrauchen. Kabelbatterien hingegen ließen sich ganz anders in Geräte wie Kopfhörer integrieren, sagt Burton.

Die Gruppe von Kim sucht nun nach besseren Materialien etwa für die Anodenschicht, um Kapazität und Entladegeschwindigkeit der Kabelakkus zu steigern. Wichtig sei außerdem die Sicherheit: Wenn ein Nutzer versehentlich ein Kabel durchtrenne, dürfe ihm nichts passieren, betont Kim. Er ist zuversichtlich, dass die neuartigen Batterien in fünf Jahren reif für die Massenproduktion sind.

Das Paper zum Prototyp:
Kwon, Y. et al.: "Cable-Type Flexible Lithium Ion Battery Based on Hollow Multi-Helix Electrodes", Advanced Materials, 7.8.2012 (Abstract) (nbo)