"Blackboxes" sollen die Auswertung von Unfällen erleichtern

Kommen bald digitale Unfalldatenspeicher?

Laut einem Zeitungsbericht könnte schon in absehbarer Zeit der Einbau digitaler Unfall­daten­speicher vorgeschrieben werden. Dafür müsste es aber erst einmal klare Konzepte geben

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  • ggo
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München, 27. August 2012 – Dröhnt es aus dem Sommerloch, oder ist das tatsächlich ernst zu nehmen? Die Saarbrücker Zeitung berichtet, dass schon in absehbarer Zeit der serienmäßige Einbau eines digitalen Unfalldatenspeichers vorgeschrieben werden könnte. Schon Ende Mai habe sich der Petitionssausschuss des Bundestages einstimmig für eine "Blackbox" in Pkw ausgesprochen. "Für mich ist die Blackbox im Auto ein weiterer Baustein, um zu mehr Verkehrssicherheit zu kommen", sagte der Verkehrssicherheitsexperte der Union, Gero Storjohann (CDU), der Zeitung. Es sei allerdings nicht selbstverständlich, dass das alle Fraktionen so sehen.

Überwachung macht vorsichtiger

Eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie hat laut Saarbrücker Zeitung ergeben, dass bei einer Blackbox-Pflicht die Unfallzahlen um zehn Prozent sinken könnten. Der ADAC-Verkehrsjurist Markus Schäpe sagte allerdings der Welt, dass diese Zahlen unrealistisch seien, weil sie sich nicht auf den privaten Pkw-Verkehr anwenden ließen. Auch im europäischen Forschungsprojekt VERONICA II, das im Frühjahr 2009 abgeschlossen wurde, lag der Schwerpunkt zunächst auf gewerblich genutzten Fahrzeugen. Eine Nutzung von Unfalldatenspeichern in Privatwagen ist auf europäischer Ebene zwar im Gespräch, doch die technischen und juristischen Fragen sind längst noch nicht geklärt.

Was die Sensoren hergeben

In der EU laufen seit vielen Fahren Forschungsprojekte zu diesem Thema. In VERONICA II wurden zuletzt die technischen und rechtlichen Anforderungen eines Event Data Recorders (EDR) untersucht. Etwa 20 Sensorinformationen des Autos sollen über eine Dauer von 45 Sekunden aufgezeichnet werden, um das Geschehen um den Unfallmoment herum interpretieren zu können. Es handelt sich dabei um Parameter wie Geschwindigkeit beim Aufprall, Beschleunigungsprofile, Fahreraktivitäten wie Lenken, Bremsen, Gasgeben oder gar Hupen – eben all das, was das Fahrzeug anhand seiner Sensorik anbieten kann. Eine Tabelle der Parameter findet sich im Abschlussbericht von VERONICA II auf S. 76. Dass sich daraus hilfreiche Informationen zu Unfällen generieren lassen, ist offenkundig, zumal diese auch in die Forschung und Industrie zurückfließen sollen, um für die Entwicklung neuer Sicherheitskonzepte genutzt werden zu können.

Wohin gehen die Daten?

Bedenklicher als der vermeintlich unbedeutende Zugewinn an Sicherheit, wie ihn der ADAC beklagt, sind die Risiken beim Datenschutz. Die Veronica-Forscher kommen zwar zu dem Ergebnis, dass es im "administrativen Datenfluss" nach der Auswertung nur ein geringes Risiko des Missbrauchs gebe, räumen aber ein, dass zum Beispiel das Thema Datenvertraulichkeit "berücksichtigt" werden muss. Es gibt demnach ein "Window of Opportunity", also die Phase, in der die Daten aus der Blackbox ausgelesen werden, bis zu Weitergabe an Anspruchsberechtigte, in der eine Manipulation oder ein Missbrauch vollständig ausgeschlossen werden müssen. Wie aus dem Abschlussbericht von VERONICA II hervorgeht, gibt es erstaunlich viele, die sich für diese Daten interessieren, nämlich Verkehrsbehörden, Judikative und Exekutive und politische Stellen einerseits, sowie Fahrer, Rechtsanwälte, Versicherungen , Werkstätten, Automobilhersteller, Autoverleiher und Betreiber andererseits.