US-Senator sucht Kompromiss bei Verfolgung der NSA-Lauschaffäre

Der Republikaner Arlen Specter will den Lauschgehilfen der US-Sicherheitsbehörden eine indirekte Straffreiheit einräumen: Statt gegen sie sollen sich Klagen gegen die Beschnüffelung nur gegen die US-Regierung richten.

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Der US-Senat arbeitet weiter mit Hochdruck an seinem Entwurf zur Novelle des Gesetzes zum Abhören internationaler Telekommunikation im Rahmen der Terrorabwehr. Hauptstreitpunkt bei der Neufassung des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) ist nach wie vor, ob und wie weit privaten Schnüffelhelfern von Sicherheitsbehörden wie der National Security Agency (NSA) im Nachhinein und künftig Straffreiheit zugesichert werden soll. Der republikanische Senator Arlen Specter glaubt nun, einen gangbaren Kompromissansatz gefunden zu haben. Gemäß seinem Vorschlag für einen Foreign Intelligence Surveillance Substitution Act sollen sich Klagen gegen eine Ausschnüffelung von US-Bürgern nicht gegen die privaten Hilfssheriffs richten können, sondern stattdessen – quasi als Ersatz – nur gegen die US-Regierung.

Specter hat mit dieser Forderung nach einer indirekten Immunität etwa für Telekommunikationsanbieter eine Kehrtwende vollzogen. Bislang hatte er gemeinsam mit Vertretern der Demokraten im Rechtsausschuss des Senats eine "Amnestie-Regelung" für Lauschhelfer der Sicherheitsbehörden äußerst skeptisch beäugt. Die Diensteanbieter dürften nicht einfach so "von der Angel gelassen werden", lautete bislang sein Credo. US-Bürgern müsste es weiter möglich sein, gegen eine illegale Verletzung ihrer Privatsphäre rechtlich vorzugehen. Dies wäre mit Specters Kompromissansatz faktisch aber kaum mehr möglich, da die US-Regierung bisher sämtliche gegen sie gerichtete Verfahren mit dem pauschalen Verweis auf zu schützende "Staatsgeheimnisse" zu blockieren versucht hat. Bislang hat erst ein US-Berufungsgericht diese Argumentation Washingtons zurückgewiesen.

Im Senat gibt es bislang zwei Voten zur FISA-Reform. Der Geheimdienstausschuss dieser zweiten Kammer des US-Kongresses befürwortete im Oktober eine breite Immunitätsregel. Diese soll sich neben klassischen Telcos auch etwa auf Internetzugangsanbieter, Host- oder E-Mail-Provider, Suchmaschinenbetreiber oder sogar Wohnungsverwalter und Hotelmanager beziehen. Der Rechtsausschuss hat das heiße Eisen der möglichen Rechtsverfolgung privater Schnüffelhelfer dagegen überraschend Mitte November aus seiner Beschlussempfehlung komplett ausgeklammert. Es wird daher im Vorfeld der Endabstimmung des Entwurfs im Senatsplenum, die bis zum Ende des Jahres erfolgen soll, nun besonders kontrovers diskutiert.

Das US-Repräsentantenhaus hat ebenfalls Mitte November dagegen den so genannten Restore Act für die FISA-Novelle bereits verabschiedet. Er enthält keine Immunitätsbestimmung für die Hilfssheriffs. Zugleich sind größere Kontrollmöglichkeiten der Abhörmaßnahmen durch das FISA-Sondergericht geplant. Die Abgeordneten wollen so "unschuldige US-Amerikaner" vor nicht gerichtlich kontrollierter Überwachung schützen. Allerdings sollen weiterhin für die Kommunikationsüberwachung zwischen zwei Personen außerhalb der USA keine gerichtlichen Anordnungen nötig sein. Das Weiße Haus sieht mit dem Votum der Abgeordneten aber die innere Sicherheit gefährdet. US-Präsident George W. Bush hat wiederholt seine Veto gegen ein entsprechendes Gesetz aus beiden Kammern angekündigt.

Specters Kompromisspapier wird von Bürgerrechtsvereinigungen aber entschieden abgelehnt. Die Bemühungen des Republikaners, den Rechtsweg zumindest prinzipiell offen zu halten, hat die Electronic Frontier Foundation (EFF) zwar anerkannt. Der Entwurf enthalte aber "schwere Fehler" und unterlaufe das Ziel der gerichtlichen Klärung, ob die Telcos und der Präsident mit der über fünf Jahre lang erfolgten Überwachung ohne Richterbeschlüsse das Recht gebrochen haben. Bevor die legitimen Ansprüche vieler Millionen US-Bürger "aus dem Gericht verbannt" würden, schulde der Kongress den Wählern ferner zumindest ein transparentes Gesetzgebungsverfahren. Eine einzige Anhörung im federführenden Ausschuss sei da nicht genug. Die EFF vertritt in etwa 40 anhängigen Gerichtsverfahren Kläger gegen große Telekommunikationsanbieter wegen Beteiligung am NSA-Lauschprogramm.

Auch die American Civil Liberties Union (ACLU) hat den Vorschlags Specters zurückgewiesen. Damit könnten die Fakten der Lauschaffäre unter den Teppich gekehrt werden, argwöhnen die Bürgerrechtler. Solange Hürden für Klagen wie die Berufungsmöglichkeit der Regierung auf Staatsgeheimnisse und Exekutivprivilegien nicht gleichzeitig beseitigt würden, handle es sich nur um eine Straffreistellung in einem anderen Gewand. Die US-Bürger hätten inzwischen lange genug auf eine Aufklärung über den Umfang der Spionagetätigkeiten gewartet. (Stefan Krempl) / (jk)