Biochemische Reaktion treibt Nanomechanik

Wissenschaftler der IBM und der Universität Basel haben eine neue Methode zum Nachweis von DNS-Defekten mit Hilfe von Mikromaschinen entwickelt.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Wissenschaftler des IBM Forschungslaboratoriums Zürich und der Universität Basel haben eine neue Methode zum Nachweis von DNS-Defekten mit Hilfe von Mikromaschinen aus Silizium entwickelt. Wie die Forscher in der Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science vom 14. April berichten, haben sie entdeckt, dass DNS-Stränge winzige "Finger" aus Silizium verbiegen. Die direkte Umsetzung biochemischer Reaktionen in nanomechanische Bewegungen könnte für die Entwicklung von Nano-Robotern genutzt werden.

Die Wissenschaftler nutzten die als Hybridisierung bezeichnete Basenpaarung zwischen zwei Einzel-DNS-Strängen. Kern des Instrumentes ist eine Reihe von Silizium-Kantilevern, die in einer mit Pufferlösung gefüllten Kammer montiert sind. Die Kantilever sind 500 Mikrometer lang, 100 Mikrometer breit, weniger als 1 Mikrometer dick und werden auf einer Seite mit bestimmten Rezeptoren beschichtet. Injiziert man eine Substanz, die mit den Rezeptoren reagiert, docken Moleküle am Kantilever an. Wird jeder Kantilever mit andern Rezeptoren beschichtet, können verschiedene Substanzen in der gleichen Lösung an entsprechenden Rezeptorschichten andocken. Die Erhöhung der molekularen "Packungsdichte" auf dem Kantilever führt zu Oberflächenspannung und damit zur Verbiegung des Kantilevers. Die Verbiegung in der Grössenordnung von 10 – 20 Nanometern kann mit einem Laserstrahl nachgewiesen werden.

"Die Möglichkeit, Biologie zur Erledigung von spezifischen mechanischen Aufgaben auf der Nanometerskala mit Hilfe von Siliziumtechnik zu nutzen, eröffnet einen völlig neuen Weg zum autonomen Betrieb von Nanomaschinchen ohne Energiezufuhr oder Computersteuerung von außen. Wir haben eine Methode gefunden, in der DNS die Arbeit verrichtet. Wir benötigen so für den Betrieb von winzigen Maschinen weder Batterien noch Motoren oder andere Hilfsmittel dieser Art", erklärt James Gimzewski vom IBM Forschungslabor Zürich. So könnten beispielweise extrem kleine Ventile, die auf spezifischen DNS-Code oder auf biochemische Effekte anderer Moleküle reagieren, in der Krebsbehandlung Anwendung finden. "Die Ventile könnten chemisch so programmiert werden, dass sie sich nur öffnen, wenn sie biochemische Signale von einem anvisierten Tumortyp erhalten. Dies würde die richtige Therapie am richtigen Ort mit minimalen Nebenwirkungen und ohne chirurgische Eingriffe ermöglichen". Obwohl die Idee wie Science Fiction klingt, wird weltweit an der Realisierung solcher Pläne gearbeitet. Gestern unterzeichnete die NASA ein entsprechenden Forschungsabkommen mit dem Nationalen US-Krebsforschungsinstituts NCI. (wst)