Bundesdatenschützer: SWIFT-Datenweitergabe verstößt gegen EU-Recht [Update]

Wie die die belgische Datenschutzkommission meint auch Peter Schaar, dass die Übermittlung von Transaktionsdaten durch den Finanzdienstleister SWIFT an US-Behörden nicht mit rechten Dingen zugeht.

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Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar ist zu der Auffassung gekommen, dass die Übermittlung von Transaktionsdaten durch den Finanzdienstleister SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications) an US-Behörden größtenteils nicht mit rechten Dingen zugeht. Die durch die EU-Datenschutzrichtlinie definierten Garantien für einen Datentransfer in einen Drittstaat sind seiner Ansicht nach bei der Weitergabe in wesentlichen Punkten nicht gewährleistet gewesen. Dies gelte insbesondere für die unzureichende Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, das Fehlen einer effektiven Datenschutzkontrolle durch eine unabhängige Stelle und die Nichtbeachtung des Rechts der Betroffenen auf Information über die Verwendung ihrer Daten. Vor allem bei Zahlungsüberweisungen, in die ausschließlich europäische Bankkunden involviert waren, bestand Schaar zufolge im EU-Recht keine Rechtsgrundlage für die Praxis des in Belgien beheimateten Servicezentrums.

Der Datenschützer fordert, mit dem Schutz der Privatsphäre der EU-Bürger zu vereinbarende international verbindliche Lösungen zu finden. Es sei darüber nachzudenken, ob es Alternativen zu dem derzeit von SWIFT abgewickelten Verfahren zur Übermittlung von Zahlungsdaten gebe. Zuvor hatte die belgische Datenschutzkommission die heimliche Abwanderung der Finanzdaten gen USA scharf kritisiert. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein sieht Banken gar in der Pflicht, den Finanzdatentransfer baldmöglichst zu stoppen. Auch laut der Bundesregierung bewegt sich SWIFT in einer "juristischen Grauzone". Das Bundesfinanzministerium habe erst gleichzeitig mit Medienberichten über den Skandal durch eine E-Mail des US-Finanzministeriums vom 22. Juni erfahren, dass das internationale Nachrichtensystem über den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr Daten an US-Behörden übermittle. Schon 2002 sei aber der damalige Bundesbankpräsident über die Herausgabe von "Swift"-Daten informiert worden.

Nach Auffassung der Regierung ist die rechtliche Situation in der EU nicht kompatibel mit der in den USA, sodass es zu "Verwerfungen" komme. Der Vorwurf der Wirtschaftsspionage stehe im Raum und sei mit Vertretern des US-Finanzministeriums besprochen worden. Von US-Seite werde diese Gefahr aber nicht gesehen. Die Abfragen bezögen sich nur auf Personen, bei denen ein terroristischer Hintergrund vermutet werde. Umfang und Art der Abfragen würden transparent gemacht. Über SWIFT werden täglich Transfers mit einem Volumen von etwa 4,8 Billionen Euro abgewickelt. Etwa 7800 Kreditinstitute aus rund 200 Ländern sind an das Netzwerk angeschlossen.

Update:
Bei einer Anhörung im EU-Parlament bestätigte inzwischen auch Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), bereits 2002 über die Affäre informiert worden zu sein. SWIFT habe aber dabei versichert, dass die Daten nur im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Terrorismus weitergeleitet worden seien. Die Verschwiegenheit der EZB entschuldigte Trichet mit der Ansage, dass seine Notenbank keine Kompetenz gehabt habe, SWIFT die Datenweitergabe zu untersagen. Allerdings sei die EZB auch generell davon ausgegangen, dass der Austausch legal sei. (Stefan Krempl) / (anw)