Hostingdienst RapidShare verklagt die GEMA

Die Schweizer Dateitauschplattform hat im Streit mit der Musikverwertungsgesellschaft draufgesattelt und will in einem negativen Feststellungsverfahren klären, welche Prüfpflichten ein Webhoster hat.

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Die Schweizer RapidShare AG hat im andauernden Rechtsstreit mit der GEMA draufgesattelt und eine negative Feststellungsklage gegen die Musikverwertungsgesellschaft beim Landgericht Düsseldorf eingereicht. Der Anbieter der Dateitauschplattform www.rapidshare.com will damit die gesetzlichen Verpflichtungen eines Webhosters zur Verhinderung von Rechtsverletzungen, die einzelne Nutzer über den eigenen Dienst begehen, und dem damit einhergehenden Missbrauch des Angebots klären. So wolle man Rechtssicherheit für den Hosting-Betrieb schaffen, heißt es bei der Chamer Firma.

"Die unklare Rechtslage ist für die Branche gravierend", begründet Bobby Chang, Geschäftsführer der RapidShare AG, die Vorwärtsverteidigung. "Zum einen sind viele Einzelheiten im Zusammenspiel der gesetzlichen Regelungen ungeklärt. Zum anderen können bestimmte technische Infrastrukturen nur bereitgestellt werden, wenn die Haftung beschränkt wird." So sehe es in Deutschland das umstrittene Telemediengesetz (TMG) im Einklang mit den Vorgaben des Europarechts eigentlich auch vor. Beispielsweise habe der Gesetzgeber den Konsumenten in vielen Fällen Möglichkeiten zum privaten Kopieren ihrer Musik eingeräumt. Der Webhoster könne aber nicht bereits im Vorfeld erkennen, ob ein Nutzer seines Dienstes beabsichtige, den Link zu einer entsprechend kopierten Musikdatei im privaten Bereich zu halten oder widerrechtlich über die im Urheberrechtsgesetz gestatteten Nutzungsformen öffentlich zugänglich zu machen.

Die GEMA hatte im Januar einstweilige Verfügungen gegen die RapidShare AG sowie RapidTec erwirkt, den im baden-württembergischen Kenzingen angesiedelten Betreiber des ähnlich ausgerichteten Dienstes www.rapidshare.de. Das Landgericht Köln wies im März den Widerspruch von RapidShare zurück. Die Richter machten in ihrem Urteil aber auch deutlich, dass der Webhoster nur dann mit Ordnungsmitteln belegt wird, wenn das Unternehmen selbst schuldhaft Verpflichtungen verletzt. Ob das der Fall ist, soll in einem gesonderten Verfahren geklärt werden. Gleichzeitig hat die RapidShare AG gegen den Kölner Richtspruch Berufung eingelegt. Trotz der sich damit verhärtenden Fronten gibt sich Chang überzeugt, den Konflikt mit der GEMA lösen und gleichzeitig "Innovationen Rechnung tragen" zu können.

Auf Widerspruch stößt die Kölner Gerichtsentscheidung bei Chang vor allem, da sich diese auf die Verhinderung der Verbreitung geschützter musikalischer "Werke" beziehe. Bei RapidShare würden aber nur mit beliebigen Namen versehene Dateien bereit gehalten, aus denen man zunächst keine Rückschlüsse auf eventuell dahinter stehende Musikstücke ziehen könne. Geht es nach Chang, beschränken sich die Pflichten des Hosters darauf, diejenigen Dateien zu löschen, über deren illegale Speicherung er unterrichtet wurde. Fraglich sei dagegen, ob der Anbieter auch gezwungen sei, den Zugang zu allen Files zu sperren, die das vom Rechteinhaber gemeldete Musikwerk enthalten. Da ein Titel in verschiedenen Dateiformaten und unter unterschiedlichen Namen gespeichert werden könne, müsste der Anbieter in diesem Fall zur Vermeidung von Rechtsverletzungen Inhalte vorab prüfen. Das Telemediengesetz sowie die europäische Gesetzgebung würden Hostprovider jedoch ausdrücklich von derlei "proaktiven" Prüfungspflichten befreien.

RapidShare bietet Chang zufolge allgemein Speicherplatz für Unternehmen und Privatpersonen. Die Daten könnten über einen speziellen Link heruntergeladen oder gelöscht werden. Diesen Verweis mache man "nur demjenigen zugänglich, der die Daten gespeichert hat". Der Kunde könne den Link aber natürlich auch an Bekannte weitergeben oder anderweitig veröffentlichen.

Die Haftungsregelungen für Host-Anbieter und einschlägige Gerichtsurteile dazu sind hierzulande seit langem ein vermintes Terrain. Branchenverbände wie der Bitkom oder eco sowie Einrichtungen wie die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) hatten im Vorfeld der Verabschiedung des TMG Klarstellungen zu den Verantwortlichkeiten der Provider gefordert und sich gegen vorauseilende Überwachungspflichten ausgesprochen. Die Anbieter seien nach wie vor einer erheblichen Rechtsunsicherheit ausgesetzt, wenn etwa ein vermeintlicher Rechteinhaber eine angebliche Rechtsverletzung geltend mache, ohne diese näher zu belegen. Der Bundestag verschob eine Neuregelung aufgrund von Zeitdruck auf eine bereits geplante, bislang aber nicht in Angriff genommene Gesetzesnovelle.

Siehe dazu auch:

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)