Gebrauchte Bücher sind im Internet gefragt

Eine Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse beschäftigte sich heute mit den Konsequenzen des Gebrauchtbuchmarktes für den Buchhandel und die Verlage.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 270 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ira Schaible
  • dpa

Das Geschäft mit gebrauchten Büchern in Deutschland nimmt rapide zu. Vor allem junge Leute kaufen und verkaufen nicht nur gelesene Romane im Internet, sondern immer häufiger auch Schul- und Fachbücher fürs Studium. "Ein lieferbares Gebrauchtbuch ist ein Ersatz für ein neues lieferbares Buch. Das sehen wir als Buchhändler mit einer Träne im Auge", sagte Heinrich Riethmüller von der Osianderschen Buchhandlung in Tübingen heute bei einer Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse. Deshalb sei es "eher ein Problem, studentische Literatur noch zu verkaufen".

"Der Gebrauchtwarenmarkt funktioniert bei Büchern besser als bei CDs", stellte der Geschäftsführer des Verlags Hoffmann und Campe, Markus Klose, fest. Außer den meist teuren Fachbüchern würden jedoch fast nur die großen Bestseller im Internet gehandelt. "Da kauft vielleicht auch der ein oder andere ein gebrauchtes Buch, der es sich früher in der Bücherei oder beim Freund geliehen hätte." Allerdings: "Wir sitzen im selben Boot wie der Handel, wir machen den Umsatz auch nur einmal." Das wachsende Geschäft mit den Büchern aus zweiter Hand könne durchaus zu niedrigeren Auflagen führen.

Ein gutes Drittel der über 14-Jährigen in Deutschland hat sich beim Bücherkauf schon einmal für einen gebrauchten Titel entschieden. Genauso viele können sich vorstellen, dies zu tun, wie eine im August veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Fachzeitschrift buchreport ergab. "Je jünger, desto lieber wird der Gebrauchtmarkt genommen", fasste Verlagsberater Joachim Merzbach die Ergebnisse zusammen. Die Schulbildung und das Nettoeinkommen der Interessenten liegen deutlich über dem Durchschnitt.

Die Fachleute waren sich einig, dass das Geschäft mit den Secondhand-Büchern über das Internet läuft. Hugendubel etwa habe ohne größeren Erfolg in einer Berliner Filiale getestet, gebrauchte Bücher zu verkaufen, berichtete Riethmüller. "Der Gebrauchtbuchmarkt funktioniert nur, wenn man was gezielt sucht. Dafür gibt es das Internet."

"Die wirklich Leidtragenden sind die Sammler", stellte Antiquarin Petra Bewer aus Stuttgart fest. Deren Kollektionen hätten durch das Internet enorm an Wert verloren. Für manche Sammlungen, die ihr angeboten würden, "hätte ich vor zehn Jahren noch viel bezahlt. Heute nehme ich in 90 Prozent der Fälle die Bücher nicht mal mehr umsonst", berichtete die Inhaberin eines Architektur-Antiquariats. "Sammelleidenschaft und Entdeckerfreude sind durch das Internet verschwunden, und Kaufunlust breitet sich aus."

Das Geschäft mit nicht mehr lieferbaren Secondhand-Büchern sieht der Handel dagegen als Chance, sich zu profilieren. "Wir haben 30 bis 50 Bestellungen am Tag beim ZVAB, berichtet Riethmüller. Das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher ist nach eigenen Angaben weltweit der größte Online-Anbieter für deutschsprachige antiquarische Bücher.

Die Internethändler von gebrauchten Büchern drehten die Preisspirale immer weiter nach unten, bedauerte Bewer. So seien auch beim ZVAB schon Bücher für einen Euro zu haben. "Wir, die großen Individualisten, sind plötzlich abhängig geworden von den großen Plattformen." Aus dieser Entwicklung gebe es nur zwei Auswege: "Mit Masse handeln oder Nischen suchen". (Ira Schaible, dpa) / (anw)