RoboCup: Die Räume werden noch nicht voll genutzt

Am ersten Spieltag der RoboCup German Open zeigten sich erwartungsgemäß zunächst die Schwächen der Roboter-Kicker.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Die wohl spektakulärste Neuerung bei den diesjährigen RoboCup German Open ist das Spielfeld der Middle Size League. Mit 12 mal 18 Metern ist es doppelt so groß wie bisher. Im Pavillon P 35 auf dem Messegelände Hannover war denn auch nur Platz für ein Feld. Bis zu sechs Roboter pro Team dürfen darauf spielen. Es wird erwartet, dass das größere Spielfeld die Teams eher zur Entwicklung eines Pass-Spiels zwingt. Auf den kleineren Feldern war es bisher erfolgversprechender, die Roboter im Alleingang aufs Tor stürmen zu lassen oder auch Fernschüsse zu riskieren.

Beim Turnierauftakt am heutigen Mittwoch war allerdings weder das eine noch das andere zu sehen. Bei der ersten Begegnung Mostly Harmless gegen PaderKicker, die mit einer Stunde Verspätung angepfiffen wurde, konnten die Zuschauer froh sein, wenn sich überhaupt etwas bewegte. Die Roboter beider Teams hatten offensichtlich Schwierigkeiten mit den Lichtverhältnissen und konnten den orangefarbenen Ball nicht sicher erkennen. In einem späteren Spiel zeigten sogar die Roboter des amtierenden Weltmeisters Brainstormers Tribots Unsicherheiten bei der Ballkontrolle, verloren etwa den Ball an der Seitenauslinie oder zögerten unnötig lange bei Schussmöglichkeiten.

In der verbleibenden Zeit wird sich das aber gewiss noch ändern. Gerade die Brainstormers sind bekannt dafür, wie sehr sie sich während eines Turniers steigern können. "Wir haben vor allem unsere Selbstlokalisation auf das große Spielfeld eingestellt", sagte Teamchef Martin Riedmiller von der Universität Osnabrück vor dem Turnier. "Dazu gehört eine verbesserte Bildverarbeitung mit zwei Kameras und eine 3D-Auswertung für hohe Bälle. Außerdem arbeiten wir an einem Skill zur Annahme von Pässen." Jetzt haben die Brainstormers noch drei Tage und Nächte Zeit, das Versprechen einzulösen.

Carpe Noctem – Nutze die Nacht – lautet der Name eines Teams von der Universität Kassel, das vielleicht als einziges die Endspielbegegnung Brainstormers Tribots gegen CoPS (Uni Stuttgart) verhindern kann. Es ist ein relativ neues Team, dessen Stärke bislang noch schwer eingeschätzt werden kann. Der im Teamnamen formulierten Aufforderung kommen aber auch andere nach und nutzen die nächtlichen Stunden zur Feinjustierung von Soft- und Hardware der Roboter. "Ab 2 Uhr wird es dann auch etwas ruhiger, und man hat mal das ganze Spielfeld zur Verfügung, um die Roboter zu testen", sagt Frank Schreiber vom Vize-Weltmeister CoPS.

Die Fußballwettbewerbe bilden weiterhin den Kern des RoboCup. Sie sind für die Zuschauer am attraktivsten, weil intuitiv klar ist, worum es geht. Die besseren Teams lassen sich zumeist auch eindeutig an den Ergebnissen erkennen, die von einem Auszubildenden-Projekt der Telekom sehr zeitnah im Internet publiziert werden. Bereits bei der letzten RoboCup-WM in der Messe Bremen hatten sich Auszubildende der Telekom um die Einrichtung von Netzwerken und die Präsentation von Spielplänen sowie Ergebnissen gekümmert. Angesichts kurzfristig geänderter Spezifikationen war das nicht ganz einfach, wie sich Projektleiter Heiner Wolter erinnert. Gleichwohl erzielte das Projekt bei einem internen Telekom-Wettbewerb den dritten Platz. Das motiviert natürlich zum Weitermachen.

Für die Zuschauer weniger attraktiv, aber umso wichtiger für die angestrebte Industrienähe des RoboCup sind die anwendungsorientierten Wettbewerbe RoboCup@home und RoboCup Rescue. Bei Ersterem müssen Roboter in einer Wohnumgebung Aufgaben erledigen, etwa einem Menschen folgen, bestimmte Punkte ansteuern, Gegenstände greifen oder Türen öffnen. Wichtig ist auch die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Da kann es an vielen Stellen haken: So konnte der an der Technischen Universität Graz entwickelte Roboter Flea mit der Zielvorgabe "table" nichts anfangen, wohl weil er den österreichischen Akzent seines Schöpfers Joachim Pehserl nicht verstand. Auf den Befehl "book shelf" setzte sich der Roboter dagegen sofort in Richtung Buchregal in Bewegung.

Pehserl hat den "Friendly Learning Electronic Assistant" gemeinsam mit seiner Frau Petra Korica-Pehserl entwickelt und ihm einen menschenähnlichen, weiblichen Kopf gegeben, der über begrenzte mimische Fähigkeiten verfügt. Im Ruhezustand sieht Flea aber gar nicht so freundlich aus, wie es der Name vermuten lässt. Vielleicht ist das für manche Anwendungen ja sogar erwünscht. Letztlich zählen ohnehin die inneren Werte. Die werden sich in den kommenden Tagen sicherlich noch deutlicher zeigen.

Zur RoboCup German Open 2007 siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (vbr)