RIAA-Anwälte: Umwandlung von CDs in MP3-Files "unautorisiert"?

In einem Filesharing-Verfahren formulieren Anwälte der US-Musikindustrie eine ganz eigene Auslegung des Copyrights: Schon die Wandlung eigener CDs in MP3-Dateien und deren Ablage in einem freigegebenen Ordner ist danach nicht mehr koscher.

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Von eigenen CDs im MP3-Format gezogene Kopien sind nicht "autorisiert" und verstoßen damit gegen das Urheberrecht – so zumindest argumentieren Anwälte des US-Verbandes der Musikindustrie (RIAA) in einem Verfahren gegen ein Ehepaar im US-Bundesstaat Arizona, das sich selbst verteidigt. Rechtsanwalt Ray Beckerman hat die Eingabe in seinem Prozessbeobachtungsblog Recording Industry vs The People dokumentiert. Außer den aus ähnlichen Verfahren hinlänglich bekannten Argumenten bringen die RIAA-Anwälte damit einen neuen Aspekt ins Spiel: Nach Experten-Ansicht will die Musikindustrie damit das Recht auf Privatkopie unterminieren.

In dem Verfahren, in dem der Richter schon einmal für die Musikindustrie geurteilt, das dann aber revidiert hatte, geht es um zahlreiche Musikstücke und die Frage, ob sie tatsächlich über ein P2P-Netz verbreitet wurden. Das ist – auch nach Ansicht einiger Anwälte, die mutmaßliche Filesharer in Verfahren gegen die Label vertreten – die Kernfrage: Während die RIAA argumentiert, die Bereitstellung der Musikstücke in einem zum Tausch freigegebenen Ordner ("Shared"-Ordner) auf der Festplatte konstituiere schon eine Rechtsverletzung, interpretieren die RIAA-Kritiker das US-Distributionsrecht so, dass für den Nachweis eines Verstoßes auch eine tatsächliche Verteilung bewiesen werden muss.

Der Ehemann hatte vorher zu seiner Verteidigung angeführt, die auf seinem PC gefundenen MP3-Dateien seien Kopien von gekauften CDs und rein zum eigenen Gebrauch bestimmt, eine Verbreitung über Kazaa habe nicht stattgefunden und sei auch nicht beabsichtigt gewesen. In einer vom Richter angeforderten Stellungnahme zu vier Fragekomplexen stellen die RIAA-Anwälte dazu nun etwas umständlich fest: "Sobald die Beklagten die Aufnahmen der Kläger in das komprimierte MP3-Format gewandelt haben und sich diese in seinem Shared-Ordner befinden, sind sie nicht mehr die von den Klägern vertriebenen autorisierten Kopien."

Auch wenn die RIAA-Juristen mit dieser unklaren Formulierung die Konvertierung in MP3 im direkten Zusammenhang mit der Ablage im "Shared"-Order anführen, werten Beobachter dieses neue Argument als einen Angriff auf die Fair-Use-Doktrin des US-Copyrights und das Recht auf Privatkopie, das zuvor auch schon mal die Musikindustrie explizit bekräftigt hatte. Dazu kommt, dass die Anwälte in der Herleitung ihres Arguments die Umwandlung der CD-Tracks in MP3-Dateien in suggestiver Weise gleichsam als Vorbereitungshandlung für die Verbreitung beschreiben.

Das Verfahren wird am 14. Dezember mit einer mündlichen Anhörung fortgesetzt, nachdem der Richter seine zunächst zu Gunsten der Kläger ausgefallene schriftliche Entscheidung vom 20. August einen Monat später widerrufen hatte. Am 7. Dezember, dem letztmöglichen Datum für weitere Eingaben, hatten die RIAA-Anwälte ihre Stellungnahmen eingereicht. (vbr)