Klares Nein des Schweizer Ständerats zu Taser-Einsatz

Der Schweizer Ständerat, die Vertretung der Kantone und kleine Kammer des Schweizer Parlaments, hat sich erneut gegen den Einsatz von Elektroschock-Waffen (Taser) im Rahmen des sogenannten Zwangsanwendungsgesetzes ausgesprochen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Schweizer Ständerat, die Vertretung der Kantone und kleine Kammer des Schweizer Parlaments, hat sich erneut gegen den Einsatz von Elektroschock-Waffen (Taser) im Rahmen des sogenannten Zwangsanwendungsgesetzes ausgesprochen. Das Gesetz regelt die Anwendung von polizeilichem Zwang auf Bundesebene, etwa bei "Rückführungen von Ausländern" und "Transporten von Personen im Auftrag von Bundesbehörden im Inland". Sowohl der Stände- als auch der Nationalrat (große Kammer des Schweizer Parlaments) haben dem Zwangsanwendungsgesetz im Grundsatz zugestimmt, Differenzen gibt es aber hinsichtlich der Aufnahme von Tasern als "nicht tödlich wirkende Destabilisierungsgeräte" in die Liste der bei der Anwendung polizeilichen Zwangs zulässigen Waffen.

Während der Nationalrat auf Empfehlung der Staatspolitischen Kommission (SPK) im Oktober beschlossen hatte, Taser in den Katalog der erlaubten Waffen neben Schlag- und Abwehrstöcken, Reizstoffen und Schusswaffen aufzunehmen, wurde die Aufnahme von Tasern bei der Erstberatung des Gesetzes im Ständerat nicht einmal beantragt. Zuvor hatte sich auch der Bundesrat (die Schweizer Regierung) gegen eine Aufnahme von Elektroschock-Waffen in den Katalog ausgesprochen. Der Ständerat bestätigte seine ablehnende Haltung mit 28 zu 11 Stimmen nun noch einmal deutlich. Noch sei keineswegs bewiesen, dass die als "nicht-tödlich" angepriesenen Taser-Waffen tatsächlich ungefährlich sind.

Es sei unseriös, ein derart heikles Gerät ohne vorherige Abklärungen im Rahmen der Differenzbereinigung einzuführen, zitiert die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) die Ständeratsmitglieder Dick Marty (Tessin, FDP) und Ernst Leuenberger (Solothurn, Sozialdemokratische Partei). Der Neuenburger Vertreter Didier Burkhalter (FDP) bemängelte zudem, dass in dem Gesetz nicht klar geregelt sei, wann das Gerät eingesetzt werden dürfe. Die Befürworter der Aufnahme von Tasern in den Katalog der erlaubten Waffen argumentieren hingegen damit, dass Taser weniger gefährlich und damit humaner als Schusswaffen seien. Der Taser sei das "zweitletzte Mittel", erklärte Alex Kuprecht von der Schweizerischen Volkspartei. Auch könne nicht nachgewiesen werden, dass Todesfälle alleine auf Elektroschock-Geräte zurückzuführen seien.

In Nordamerika waren in den vergangenen Wochen gleich mehrere Menschen nach dem Einsatz von Taser-Waffen umgekommen. Im Oktober verstarb ein 40-jähriger Pole am Flughafen von Vancouver, nachdem die kanadische Polizei ihn mit einem Elektroschocker traktiert hatte. In einem Gefängnis in Dartmouth (Provinz Nova Scotia) starb ein 45-jähriger Mann, auf den die Polizei einen Tag zuvor einen Taser abgefeuert hatte. Nach Zahlen von Amnesty International USA kamen allein in den Vereinigten Staaten bislang mehr als 220 Menschen nach Taser-Einsätzen ums Leben. Der in Genf angesiedelte UNO-Ausschuss gegen Folter (Committee Against Torture, CAT) hatte sich zuletzt gegen die Weiterverbreitung solcher Elektrowaffen ausgesprochen.

Der Einsatz von Elektroschock-Pistolen sei eine "Form von Folter", hielten die UN-Menschenrechtler in einer Empfehlung an die portugiesische Regierung fest. Diese will Polizeikräfte im Land künftig mit Taserwaffen vom Typ X26 ausrüsten. X26-Taser würden "extreme Schmerzen" verursachen und könnten in einigen Fällen tödlich sein. Belegt würde dies unter anderem durch mehrere wissenschaftliche Studien, so der UNO-Ausschuss. In Deutschland ist der Einsatz von Tasern Ländersache. Bislang haben etwa Hamburg und Bayern den Einsatz von Elektroschockern erlaubt. In der Schweiz muss nach dem zweiten Nein der kleinen Kammer nun der Nationalrat noch einmal über die Nutzung von Tasern bei Zwangsanwendungen debattieren. Im Herbst hatte die große Kammer dies mit 75 zu 67 Stimmen befürwortet. (pmz)