Kanadische Urheberrechtsreform liegt nach Protesten vorerst auf Eis

Nach massiven Protesten gegen eine geplante Verschärfung des kanadischen Urheberrechts nach US-Vorbild hat der federführende Wirtschaftsminister die für diesen Dienstag erwartete Vorlage im Parlament kurzfristig gestoppt.

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Nach massiven Protesten wird der kanadische Wirtschaftsminister Jim Prentice eine geplante Urheberrechtsreform vorerst nicht ins Parlament einbringen. Ursprünglich war die Vorlage des Gesetzes für den heutigen Dienstag erwartet worden. Nachdem kanadische Bürger in Briefen, Blogbeiträgen und Aktionen eine Verschärfung des Copyrights nach US-Vorbild vehement abgelehnt hatten, ist die umstrittene Vorlage nun vorerst vom Tisch. Unklar ist, ob, wann und in welcher Form Prentice das Gesetz erneut einbringen will. Einen neuen Termin nannte das Büro des Ministers noch nicht.

Die geplanten Änderungen sollen sich kanadischen Zeitungsberichten zufolge – auch nach offenem Druck aus dem südlichen Nachbarstaat – eng am amerikanischen Digital Millenium Copyright Act (DMCA) orientieren. Darin würden die Nutzungsmöglichkeiten für Bürger zum Schutz der Industrieinteressen unangemessen eingeschränkt, befürchten Kritiker. Als einer der Wortführer des Protests gilt Michael Geist. Der Experte für Internetrecht der Universität Ottawa hatte in seinem Blog und auf YouTube vehement gegen die Reform argumentiert und die Berücksichtigung der Bürgerinteressen eingefordert. Eine von Geist initiierte Facebook-Gruppe zu dem Thema hatte nach einer Woche bereits 10.000 Mitglieder und nähert sich der 15.000er-Marke.

Auch die politische Opposition nahm Prentice – Kabinettsmitglied in einer Minderheitsregierung der Konservativen – unter Beschuss. Die unter Federführung des Wirtschaftsministers erstellte Vorlage habe lediglich die Interessen der Inhalteindustrie und der USA berücksichtigt, ohne Raum für die persönliche Vervielfältigung im Rahmen des "Fair Use" zu lassen, kritisiert der sozialdemokratische Abgeordnete Charlie Angus (NDP) laut Canadian Press. Angesichts der Verbraucherproteste habe Prentice nun offenbar "kalte Füße" bekommen.

Die Regierung argumentiert, Kanada sei verpflichtet, das Urheberrecht den Anforderungen des internationalen WIPO-Abkommens anzupassen, das die Kanadier bereits 1997 unterzeichnet hatten. Ein modernes Urheberrecht, das den Bedürfnissen der Bürger gerecht werde und sie nicht in einen Topf mit kommerziellen Fälschern und Produktpiraten wirft, sei auch im Einklang mit dem WIPO-Abkommen möglich, meint Angus dagegen.

Zur Diskussion um das Urheberrecht, das geistige Eigentum, Tauschbörsen und illegale Kopien sowie um die Urheberrechtsnovellierung siehe die Übersicht mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln und zu den Gesetzesentwürfen und -texten:

(vbr)