DB-Research: Bezahlvorgang ist wunder Punkt des B2C-E-Commerce

Nach Einschätzung der Deutschen Bank bleibt der E-Commerce auf Business-to-Consumer-Ebene mittelfristig klein. Grund ist unter anderem, dass E-Shops oft unzureichend auf die besonderen Umstände des Distanzhandels im virtuellen Raum eingehen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

E-Shops verhalten sich bei Bezahlsystemen meist risikoscheu und setzen auf bewährte klassische Maßnahmen.

Der Handel zwischen Geschäftsleuten und Privatkunden über elektronische Plattformen bleibt nach Einschätzung der Deutschen Bank mittelfristig klein. Zwar werde der Umsatz im westeuropäischen Business-to-Consumer- (B2C) E-Commerce bis zum Jahr 2010 durchschnittlich um 27 Prozent pro Jahr wachsen, im Vergleich zum gesamten Einzelhandel spiele das B2C-Geschäft aber auch künftig eine untergeordnete Rolle, hält die von Chefvolkswirt Norbert Walter geleitete Deutsche Bank Research in einer neuen Studie (PDF-Datei) fest. Grund sei unter anderem, dass E-Shops oft unzureichend auf die besonderen Umstände des Distanzhandels im unpersönlichen virtuellen Raum eingehen würden. Ein wunder Punkt sei dabei insbesondere der von den Shops oft als nachrangig erachtete Bezahlvorgang.

Folgt man der Studie "Marktpotenzial innovativer Systeme beschränkt: E-Commerce mit etablierten Bezahlsystemen arrangiert", widersprechen sich die Anforderungen von E-Shop-Betreibern und E-Shoppern an das Bezahlsystem häufig. Besonders ausgeprägt ist der Interessenkonflikt beim Zugang zu personenbezogenen Daten sowie der Möglichkeit für den Kunden, geleistete Zahlungen zurückzufordern, schreiben die Verfasser der Studie. Während der E-Shop einerseits möglichst viel über seine Kunden wissen wolle, um seine Produkt- und Preisentwicklung sowie das Marketing zielgruppenorientiert auszurichten, breche mehr als die Hälfte der E-Shopper den Kaufvorgang ab, wenn zu viele persönliche Daten abgefragt würden.

Ähnlich konträr seien die Auffassungen bei der Rückforderung von Zahlungen: Während der Kunde an einer möglichst weit gefassten Regelung interessiert sei, poche der E-Shop meist auf Verbindlichkeit. Auch die Einstellungen zur Sicherheit und Kundenfreundlichkeit von Bezahlsystemen divergieren laut Studie erheblich. So würden nur zwei von drei Shops das Angebot kundenfreundlicher Systeme für wichtig erachten, und lediglich ein Viertel berücksichtige die Sicherheitsbedenken der E-Shopper. Auf (empfundene) Sicherheit legen Kunden bei Web-Einkäufen aber besonders wert, gefolgt von Abwicklungsgeschwindigkeit, Nutzerfreundlichkeit und einem breiten Bezahlportfolio.

Hinsichtlich letzterem würden sich die E-Shops meist risikoscheu verhalten, heißt es in der Studie. Im Vordergrund stünden hauptsächlich klassische Maßnahmen, die zur Sicherung der Einnahmen beitragen: Vorauskasse, Rechnung, Nachnahme, Kreditkarte. Lediglich PayPal bilde hier eine große Ausnahme. Anderen innovativen Bezahlsystemen wie Micro-Payments oder über das Handy angewiesene Überweisungen blieben hingegen nur kleine Teilsegmente. Mit dafür verantwortlich sei unter anderem der im B2C-Geschäft sehr ausgeprägte so genannte Netzgütereffekt: Je mehr Unternehmen und Privatpersonen sich für ein Bezahlsystem entscheiden, umso attraktiver wird es für weitere Unternehmen und Privatpersonen, sich ihnen anzuschließen. Umgekehrt sorgt der Netzgütereffekt aber auch dafür, dass es neue Bezahlsysteme extrem schwer haben, sich gegen bereits etablierte Systeme zu behaupten.

Das Dilemma der neuen Bezahlsysteme bestehe oft darin, dass einerseits die Shops zögern würden, in ein bislang wenig verbreitetes System zu investieren. Andererseits zögerten die Shopper, zu einem Bezahlsystem zu wechseln, das bislang nur von einzelnen Shops eingesetzt wird, halten die Studienverfasser fest. Aber auch die Kaufgewohnheiten der Kunden machen der Einführung eines neuen Bezahlsystems häufig einen Strich durch die Rechnung. So wird beispielsweise der Großteil des B2C-E-Commerce in der typischen Arbeitszeit, also überwiegend an Wochentagen zwischen 8 und 18 Uhr, abgewickelt. Meist nutzen die E-Shopper dabei die stationäre Infrastruktur des Büros. Und dass der Kunde nun sein privates Handy zückt, um am Ende des Kaufprozesses den Bezahlvorgang "innovativ" abzuwickeln, dürfte sehr unwahrscheinlich sein.

Bei Micro-Payment-Systemen stellt sich das Problem, dass häufig nur Beträge unter zehn Euro abgewickelt werden – diese Kleinbeträge fallen laut Studie aber bei zwei Drittel der E-Shops überhaupt nicht an. Beschränkt werde das Potenzial von innovativen Bezahlsystemen zudem durch die geringe personelle und finanzielle Ressourcenausstattung kleiner E-Shops, was wiederum einen negativen Netzgütereffekt hervorruft. Aber auch regulatorische Maßnahmen insbesondere in Deutschland können der Einführung eines neuen E-Payment-Systems schnell den Wind aus den Segeln nehmen. So müssten E-Geld-Institute ein Mindest-Anfangskapital von einer Million Euro vorweisen und erhebliche Ressourcen investieren, um den juristischen Aspekten eines intensiv regulierten, komplexen Marktfeldes zu genügen, heißt es in der Studie.

Neue Bewegung in das E-Payment-Geschäft würde nach Einschätzung der Deutschen Bank die Einführung der Single European Payment Area (SEPA) bringen, eine Initiative der im European Payments Council (EPC) organisierten europäischen Kreditwirtschaft. Ausgehend von rein nationalen Zahlungsverkehrssystemen und abweichenden Rechtsgrundlagen in den Mitgliedsstaaten der EU, soll SEPA bis 2010 einen integrierten Zahlungsverkehrsraum für Massenzahlungen schaffen, in dem Transaktionen zu den gleichen Prozessbedingungen abgewickelt werden. Der bereits für 2008 geplanten Einführung von SEPA-Lastschrift, -Überweisung und -Kartenzahlung (SEPA Cards Framework, SCF) droht nach dem schleppenden politischen Einigungsprozess nun aber eine Verzögerung. (pmz)