Copyright-Maschine stoppt Live-Stream der Hugo-Award-Verleihung

Die Live-Übertragung zum Science-Fiction-Oscar Hugo-Awards fand Samstagabend ein jähes Ende. Ein System der Firma Vobile erkannte fälschlicherweise eine Urheberrechts-Verletzung und stoppte den Livestream.

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Die Live-Übertragung der Hugo-Awards 2012 fand Samstagabend (Ortszeit) ein jähes Ende. Ein System der Firma Vobile erkannte fälschlicherweise eine Urheberrechts-Verletzung. Daraufhin stoppte Ustream die laufende Übertragung, ohne sie zu reaktivieren. Die Hugo Awards sind der vielleicht wichtigste jährliche Preis für Science Fiction- und Fantasy-Werke. Zehntausende Fans sind verärgert. Ustream bittet um Entschuldigung und will vorerst auf Vobiles Dienste verzichten.

Der Hugo-Award 2012.

(Bild: Hugo Award)

Die 70. World Science Fiction Conference (Worldcon) wurde vergangene Woche als Chicon 7 in Chicago ausgetragen. Höhepunkt war die Verleihung der 1953 eingeführten Hugo Awards. Diese Preise sind nach dem luxemburgischen Autor, Verleger und Erfinder Hugo Gernsback benannt. Die Veranstaltung wurde live über Ustream übertragen. Nicht nur für Fans zu Hause sondern auch für die Veranstalter selbst war der Stream wichtig. Da nicht alle Besucher im Saal Platz fanden, wurden Bild und Ton via Ustream in angrenzenden Räume wiedergegeben. Zudem war die Show Teil der gleichzeitig in Atlanta abgehaltenen Dragoncon, der nach Eigenangaben größten Fantasy/Science Fiction Convention des Universums.

Der britische Autor Neil Gaiman hielt gerade seine Dankesrede für den Preis der Kategorie "Best Dramatic Representation (Short)", als plötzlich nur noch die Mitteilung "Worldcon banned due to copyright infringement." zu sehen war. ("Worldcon gesperrt wegen Urheberrechtsverletzung.") Kurz zuvor waren Ausschnitte aus jener Folge der britischen TV-Serie "Doctor Who" gezeigt worden, für die Gaiman als Autor ausgezeichnet wurde. Auch Schnipsel anderer nominierter Werke waren präsentiert worden.

Das Vobile-System vergleicht Videos mit einer Datenbank zuvor eingereichter Werke. Die Copyright-Maschine schlug Alarm, woraufhin Ustream die Übertragung abbrach. Eine Fortsetzung scheiterte. Die Meldungen gehen darüber auseinander, ob Ustream nicht wollte oder nicht konnte. Dabei hatten die Rechteinhaber die Videos selbst zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des "Fair Use" des US-Copyrights wäre die Show selbst gegen deren Willen legal gewesen.

Ustream-Chef Brad Hunstable drückt via Blog sein Bedauern über den Vorfall aus und weist darauf hin, dass zahlende Kunden des werbefreien "Pro Broadcasting" Service von der Überwachung durch Copyright-Maschinen ausgenommen sind. Bis zu einer "Rekalibrierung" will Hunstable aber auf die Vobile-Datenbank verzichten. Eine Stellungnahme dieser Firma liegt noch nicht vor.

Ironie der Geschichte: Gaiman ist Förderer und Vorstandsmitglieder des Comic Book Legal Defense Fund, der sich für das Recht auf freie Meinungsäußerung durch Comic-Autoren, -Verleger, -Händler, -Leser und Bibliothekare einsetzt. Einer der prominentesten Ustream-Kunden ist übrigens die US-Raumfahrtbehörde NASA. Sie wurde schon mehrmals Opfer übereifriger "Copyright-Durchsetzung" – allerdings auf YouTube. (axk)