Niederlande bekennen sich zu offenen Standards und Open Source

Das niederländische Parlament hat einen Aktionsplan gebilligt, wonach die öffentliche Hand flächendeckend auf freie Software und ODF umsteigen soll. Der Einsatz proprietärer Lösungen muss für den Übergang gesondert begründet werden.

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Das niederländische Parlament, die Tweede Kamer, hat am heutigen Mittwoch einen Aktionsplan gebilligt, wonach die öffentliche Hand möglichst flächendeckend auf offene Standards umsteigen soll. Zugleich müssen die Behörden bevorzugt Open-Source-Software einsetzen. Gemäß dem 26-seitigen Papier aus dem Wirtschaftsministerium sind in einem ersten Schritt von April nächsten Jahres an zunächst Regierungsdienste und ab Dezember 2008 sämtliche öffentliche Verwaltungen verpflichtet, den weiteren Einsatz proprietärer Lösungen wie Betriebssysteme oder Office-Pakete von Microsoft gesondert zu begründen. Zugleich müssen sie dabei eine Strategie vorlegen, wann eine Umstellung auf offene Standards und freie Software zu bewerkstelligen ist.

Im Juni spätestens soll das niederländische Normierungsinstitut ein entsprechendes Interoperabilitätsrahmenwerk mit zulässigen offenen Standards vorlegen. Der Plan schreibt dabei bereits vor, dass das von der ISO spezifizierte Open Document Format (ODF) schrittweise für das Lesen, Schreiben, Austauschen, Veröffentlichen und den Empfang von Verwaltungspapieren anzuwenden ist. Bis spätestens Januar 2009 soll der großflächige Einsatz des offenen Dokumentenstandards forciert werden. Als offene Standards akzeptiert der Plan nur Normen, für die keine Lizenzzahlungen etwa aufgrund von Patenten erhoben werden.

Dazu kommen Implementierungsstrategien für Ausschreibungen, Einkauf und die Verwendung von Open Source durch alle Ministerien bis Anfang 2009 und für andere Behörden bis Januar 2010. Flankiert wird das Vorhaben und seine Durchsetzung durch eine Beschwerdekammer sowie eine übergeordnete IT-Abteilung, die bei der Umstellung auf freie Software vor Ort helfen soll.

Mit dem von allen Fraktionen gut geheißenen Fahrplan wollen Regierung und Parlament die Interoperabilität verbessern. Modulare Softwarebausteine sollen konkret helfen, offene Standards nach und nach einzupflegen. Weiteres Ziel ist es, die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu verringern. Zugleich soll der IT-Markt für alle zugänglich gemacht werden. Gleiche Bedingungen für alle Anbieter sollen dafür sorgen, Innovationen voranzutreiben. Als weitere Beweggründe nennt das Papier, dass die langfristige Zuverlässigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Benutzbarkeit ihrer Dokumente sichergestellt bleiben müsse. Letztlich dürften auch die Kosten für Software-Ausgaben nicht steigen.

Das niederländische Innen- und Wirtschaftsministerium hatten vor vier Jahren bereits das Aktionsprogramm OSOSS (Open Source als Onderdeel van de Software Strategie) erarbeitet, das Ende des Jahres ausläuft. Damit ist es gelungen, dass bereits 60 Prozent aller Verwaltungen in Holland mit offenen Standards arbeiten und 47 Prozent Open-Source-Software nutzen. Seit 2002 läuft zudem das Programm OASE zur Förderung freier Software im Mittelstand.

Trotz dieser Initiativen will Den Haag weiter Druck machen bei der Umrüstung auf offene Standards und Linux, um europaweit eine Vorreiterrolle einzunehmen. Microsoft protestierte dagegen noch gestern heftig gegen den neuen Plan. Gerüchten zufolge sollen die Redmonder angedroht haben, beim Inkrafttreten des Programms den Europäischen Gerichtshof wegen angeblicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht anzurufen. (Stefan Krempl) / (vbr)