Telefónica beantragt Missbrauchsverfahren gegen Telekom
Der Münchner Netzbetreiber klagt über Verzögerungen bei der Umschaltung von Anschlüssen und reicht wie zuvor schon Arcor einen Missbrauchsantrag bei der Regulierungsbehörde ein. Deren Chef denkt über Sanktionen nach.
Der Telekommunikationskonzern Telefónica will gegen die Deutsche Telekom vorgehen. "Wir werden am Freitag bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Eröffnung eines Missbrauchsverfahrens gegen die Deutsche Telekom einreichen", kündigte der Chef von Telefónica Deutschland, Johannes Pruchnow, am gestrigen Mittwochabend vor Journalisten in Düsseldorf an. Der Carrier hatte die Bundesnetzagentur nach eigenen Angaben zuvor wiederholt auf einen Marktmachtmissbrauch der Telekom hingewiesen.
Stein des Anstoßes ist die von der Telekom kontrollierte sogenannte Teilnehmeranschlussleitung (TAL) zum Kunden. Diese TAL, auch "letzte Meile" genannt, mieten Telefónica oder andere Wettbewerber, um darüber Dienste wie Telefon oder DSL zum eigenen Kunden liefern zu können. Telefonica beklagt zunehmende Verzögerungen bei der Freigabe der TAL – statt Tagen vergingen inzwischen schon mal Monate, bis eine Leitung umgestellt sei. Auch andere Wettbewerber werfen dem Ex-Monopolisten vor, zu langsam zu arbeiten. Die Telekom sei "missbräuchlich" nicht in der Lage, die Nachfrage zu bedienen, sagt Pruchnow. Der Netzbetreiber und seine Kunden sehen sich dadurch im Wettbewerb um DSL-Kunden behindert.
Die Telekom weist die Vorwürfe laut dpa zurück. Der Marktführer bearbeite schon jetzt mehr Anschlüsse, als in den Verträgen mit dem jeweiligen Wettbewerber vorgesehen seien. Das räumt nach einem FTD-Bericht auch der Telefónica-Boss ein. Doch werde das kaum reichen, um die Nachfrage im kommenden Jahr zu bedienen. "Wir haben hier ein strukturelles Problem", meint Pruchnow. Zu den Telefon- und DSL-Anbietern, die das Netz von Telefnónica nutzen, gehören United Internet, Hansenet und freenet; auch die DSL-Anschlüsse der Mobilfunktochter O2 realisiert Telefónica. Die DSL-Anbieter stützen den Vorstoß des Carriers ausdrücklich.
Ende November hatte schon der Netzbetreiber Arcor wegen der Verzögerungen bei der TAL-Umschaltung ein Missbrauchsverfahren gegen die Telekom beantragt. Auch die Vodafone-Tochter wirft der Telekom vor, die Bereitstellung von Teilnehmeranschlussleitungen in "erheblichem Umfang" zu verzögern. Die Telekom sei vertraglich verpflichtet, die Aufträge innerhalb von fünf Tagen zu bearbeiten. Arcor wirft der Telekom in dem Missbrauchsantrag vor, die Fristen "dauerhaft" zu verletzten, da "seit Jahresanfang durchschnittlich mehr als jeder vierte TAL-Antrag 18 Tage von der Telekom nicht bearbeitet" werde.
Das Lamento der Konkurrenz über Verzögerungen bei Vorleistungen der Telekom ist so alt wie der DSL-Wettbewerb. Auch in diesen Tagen häufen sich wieder die Beschwerden über lange Wartzeiten und technischer wie prozessualer Probleme bei der Umstellung von Anschlüssen. Ganz unschuldig sind die Wettbewerber an dem DSL-Chaos allerdings selbst nicht. Auch auf Seiten der DSL-Anbieter sorgen interne Probleme und Kapazitätsengpässe im Service schon mal für ein Durcheinander. Ob nun die von den Wettbewerbern beklagten bürokratischen Abläufe der Telekom oder eigene Unzulänglichkeiten für die Probleme verantwortlich sind, hat für den leidtragenden Kunden nur nachgeordnete Bedeutung: Er steht im Zweifelsfall ohne Anschluss da.
Unterdessen machte der Präsident der Bundesnetzagentur den Wettbewerbern Hoffnung auf Besserung. "Wir denken darüber nach, bei nicht gerechtfertigten Verzögerungen beim Wechsel des Anbieters Vertragsstrafen gegen die Telekom zu verhängen", sagte Matthias Kurth der Rheinischen Post. Auch wolle der Regulierer prüfen, ob der bisherige Standard zum TAL-Wechsel noch ausreiche. (vbr)