Keine Verpflichtung zur nachträglichen Änderung von Online-Artikeln

Einem Urteil des Landgerichts Frankurt zufolge müssen Online-Presseorgane ihre Archive nicht ständig daraufhin kontrollieren, ob ein abrufbarer Beitrag entfernt oder geändert werden muss.

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Von
  • Joerg Heidrich

Eine Presseberichterstattung mit Namensnennung und Abbildung eines bereits vor längerer Zeit verurteilten Straftäters verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht, wenn für die Berichterstattung kein neuer aktueller Anlass besteht. Dies hat das Landgerichts Frankfurt am Main laut einer Pressemitteilung am 5. Oktober 2006 (Az.: 2-03 O 305/06 und 2-03 O 358/06) entschieden.

Die 1993 wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu lebenslanger Haft verurteilten Verfügungskläger machten jeweils Unterlassungsansprüche wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend. Sie klagten gegen Online-Ausgaben von deutschen Tageszeitungen, die mehr als zehn Jahre nach der Verurteilung der Täter jeweils unter Namensnennung über diese berichtet hatten.

Das Frankfurter Gericht hält die Berichterstattung im Zusammenhang mit der vorzeitigen Haftentlassung der Täter für unzulässig. Einen Beitrag allerdings, in dem über ein beantragtes Wiederaufnahmeverfahren im Fall Sedlmayr berichtet wurde, sei rechtmäßig, urteilten die Richter. Zur Begründung führten sie aus, dass die öffentliche Berichterstattung über einen in der Vergangenheit rechtskräftig verurteilten Straftäter unter Namensnennung und Abbildung dessen Persönlichkeitsrecht erheblich beeinträchtige. Etwas anderes gelte allerdings dann, wenn es einen neuen, aktuellen Anlass für die Berichterstattung gebe. Einen solchen aktuellen Anlass sah die Kammer nur im Zusammenhang mit dem beantragten Wiederaufnahmeverfahren, nicht jedoch hinsichtlich der vorzeitigen Haftentlassung.

Während diese Feststellungen des Gerichts der bereits bestehenden Rechtsprechung entsprechen, enthält das Urteil eine weitere, für die Betreiber von Online-Newstickern, Blogs oder sonstigen Internetmedien relevante Feststellung: Dem Gericht zufolge ist das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch nicht dadurch verletzt, dass die Artikel aus den Jahren 2004 und 2005 unter voller Namensnennung noch im Mai 2006 im Internet abrufbar waren. Der Beklagten als Online-Presseorgan obliege nicht die Pflicht, die damals rechtmäßig ins Netz gestellten Berichte zu entfernen oder so zu verändern, dass eine namentliche Identifizierung des Antragstellers nicht mehr möglich gewesen wäre. Dies gelte auch bezüglich einer Bildveröffentlichung.

Die Beklagte treffe insbesondere nicht die Verpflichtung, ihre Archive ständig daraufhin zu kontrollieren, ob ein abrufbarer Beitrag entfernt oder geändert werden muss. Insofern bestehe kein Unterschied zu einem Archiv, das Printmedien aufbewahrt. Eine derartige Kontrollpflicht würde die öffentliche Aufgabe, die der Presse im Hinblick auf die Information der Öffentlichkeit über aktuelle Ereignisse zukommt, über Gebühr beeinträchtigen. Sie würde zudem dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zuwiderlaufen, das auch eine Recherche nach Berichten aus vergangenen Zeiten umfasst. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. (Joerg Heidrich) / (hob)