Südkorea wehrt Kreationisten ab

In Südkorea haben Kreationisten um ein Haar erreicht, dass in den Schulbüchern Beispiele für die Evolution entfernt werden. Erst eine von der Regierung eingesetzte Kommission konnte das verhindern.

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Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

In Südkorea haben Kreationisten um ein Haar erreicht, dass in den Schulbüchern Beispiele für die Evolution entfernt werden. Erst eine von der Regierung eingesetzte Kommission konnte das verhindern.

Beim Thema Kreationismus fiel einem bisher als erstes die USA ein. Dort haben inzwischen zwei Staaten – Louisiana und Tennessee – gesetzlich erlaubt, Alternativen zur Evolutionstheorie in die Schulbücher aufzunehmen. Südkorea hatte ich in diesem Zusammenhang bisher nicht auf dem Schirm, eher schon als ein Beispiel für Cutting-Edge-Forschung (trotz des unrühmlichen Betrugsskandals um den Stammzellforscher Hwang Woo-suk).

Jetzt hat auch der südkoreanische Gesetzgeber in Sachen Kreationismus in die Gestaltung der Schulbücher eingegriffen. Allerdings genau anders herum. Die Geschichte, von der das Fachjournal „Nature“ in seinen Nachrichten berichtet, ist in mehrfacher Hinsicht ziemlich unglaublich. Es begann damit, dass die südkoreanische „Society for Textbook Revises“ – eine Zweigstelle der „Korea Association for Creation Research“, eine Kampagne bei den Schulbuchverlagen gestartet hat. Diese mögen doch bitteschön in gymnasialen Biologiebüchern fehlerhafte Passagen aus dem Kapitel Evolution entfernen. Schlechte Beispiele seien etwa die Evolution der Pferde oder die Aussage, dass der Flugsaurier Archaeopteryx ein Vorfahre der heutigen Vögel sei.

Warum sind es schlechte Beispiele? Weil sie wissenschaftlich noch diskutiert werden. In der Lesart der Kreationisten sind sie damit umstritten. Soweit wäre das nur eine Fußnote, denn wer würde schon ernsthaft darauf eingehen. Doch das Gegenteil geschah. Laut „Nature“ gab es im Mai Hinweise darauf, dass die Verlage einknicken und der Forderung nachkommen würden. Es brauchte den entrüsteten Protest von Wissenschaftlern, eine extra von der Regierung eingerichtete Expertenkommission mit fünf Evolutionsforschern, die bei der – offenbar sowieso geplanten – Überarbeitung des Kapitels beraten sollten, und einen Appell der Regierung, damit die Verlage ihren Irrtum einsahen.

Duckhwan Lee, Präsident des Rates für Grundlagenforschung und Vorsitzender besagter Expertenkommission, hat künftigen Versuchen in diese Richtung vorsorglich eine klare Absage erteilt: „Wir sind über jeden Antrag froh, der auf Fehler in den Evolutionskapitel der Schulbücher hinweist. Aber wir wollen unsere Zeit nicht damit vergeuden, wenn es einen religiösen Grund hat.“ Die Kommission soll nun eine Anleitung für künftige Revisionen der Biologieschulbücher erarbeiten.

Kreationisten scheint es nicht zu stören, dass sie mit zweierlei Maß messen. Sie glauben, wissenschaftliche Thesen aushebeln und handfeste Funde wegdiskutieren zu können, indem sie sie als unbewiesen und umstritten anprangern. Für ihre eigenen Thesen gilt das selbstverständlich nicht.

PS: Hier ist noch ein Umfrageergebnis zum Schluss, das leider auch keine Fußnote ist. Laut einer Umfrage, die Gallup Korea im Juli durchgeführt hat, glauben 32 Prozent von 613 Befragten Südkoreanern an Kreationismus. 45 Prozent sind der Meinung, dass die Evolutionstheorie stimmt. (vsz)