Gezerre um geplante Patentresolution des EU-Parlaments

Mehrere Abgeordnete haben noch Änderungsanträge zum Kompromissentwurf der großen Fraktionen eingereicht, in dem sie etwa eine Überprüfung der vorgeschlagenen Patentstreitregelungen durch den EuGH fordern.

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Knapp 40 EU-Abgeordnete haben unter der Führung eines tschechischen Vertreters der konservativen Volkspartei (EVP), Jaroslav Zverina, noch Änderungsanträge (DOC-Datei) zum Kompromissentwurf für eine Patentresolution des EU-Parlaments von EVP, Sozialisten und Liberalen eingebracht. Sie fordern darin unter anderem, dass der mögliche Abschluss des umstrittenen European Patent Litigation Agreement (EPLA) zunächst vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Vereinbarkeit mit dem bestehenden Gemeinschaftsrechts überprüft wird. Zudem soll das Parlament eine wachsende Besorgnis über "unerwünschte Patente" in verschiedenen Bereichen und über einen Mangel an demokratischer Kontrolle über die Verfahren zur Patenterteilung zum Ausdruck bringen.

Das Kompromisspapier zu dem Entschließungsantrag pocht bislang vor allem auf "signifikante Verbesserungen" am EPLA, das laut Kritikern im Rahmen der Schaffung eines neuen, übergeordneten Patentgerichts die weite, Schutzansprüche auf "computerimplementierte Erfindungen" einschließende Vergabepraxis des Europäischen Patentamtes (EPA) sanktionieren und somit Softwarepatenten mehr Durchsetzungskraft verschaffen könnte. Die Änderungsanträge drängen hier auf eine Verdeutlichung, dass es bei den Nachbesserungen um "Anliegen wie die demokratische Kontrolle, die Unabhängigkeit der Justiz und die Kosten für Streitigkeiten geht". Darüber hinaus sprechen sie sich dagegen aus, dass die EU-Kommission Wege für einen Beitritt der gesamten EU zum Europäischen Patentübereinkommen ausloten soll.

Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) sowie die Mittelstandsvereinigung patentfrei.de unterstützen die vier gebündelten Korrekturvorschläge. "Zehntausende Patente, die vom Europäischen Patentamt seit Jahren gegen Wort und Geist des Gesetzes auf softwarebasierte Ideen erteilt werden, stellen eine immense Bedrohung für kleinere und mittlere Unternehmen der Softwarebranche dar", warnt letztere in einem Brief (PDF-Datei) an die deutschen EU-Abgeordneten vor einem Durchwinken des unveränderten Kompromissvorschlags. Alle Maßnahmen zur Stärkung der Position der Europäischen Patentorganisation dürften demnach die Wahrscheinlichkeit der nachträglichen Legitimierung dieser Patente erhöhen. Hierzu würde insbesondere ein europäisches Patentgericht im Sinne des EPLA-Entwurfes beitragen. Er lasse etwa zu, dass Mitglieder der EPA-Beschwerdekammern letztinstanzlich Recht sprächen. Die größte Sorge der Verbandsmitglieder sei der Schutz vor einem ausufernden Patentwesen.

Die Grünen halten derweil offiziell an ihrem Gegenantrag zum ursprünglichen Resolutionsentwurf von Konservativen und Liberalen fest. Die grüne österreichische Rechtspolitikerin Eva Lichtenberger hat allerdings auch einen eigenen Änderungsantrag (DOC-Datei) für das Kompromisspapier ins Rennen geschickt. Er verlangt ebenfalls nach einer EuGH-Stellungnahme zum EPLA, fordert die Kommission aber ansonsten noch auf, so schnell wie möglich eine Bewertung der Auswirkungen des geplanten Streitregelungsabkommens vor der Teilnahme an weiteren Diskussionen über eine mögliche EU-Beteiligung vorzulegen.

Ob sich bis zur Abstimmung in einer Plenarsitzung der EU-Volksvertretung in Brüssel am morgigen Donnerstag noch Mehrheiten für den ein oder anderen Korrekturvorschlag erzielen lassen, erscheint zweifelhaft. Generell gilt das Patentgebiet nach der Beerdigung der Softwarepatent-Richtlinie im Juli 2005 im EU-Parlament als vermintes Gebiet, auf dem Überraschungen möglich sind. Softwarepatentgegner wie Florian Müller, Gründer der Kampagne NoSoftwarePatents.com, haben bereits angeregt, nach dem Votum in aller Ruhe gleich über einen neuen Resolutionstext nachzudenken. Darin sollten Ideen und Forderungen zum Ausdruck gebracht werden, die alle Kritiker des Europäischen Patentamtes sowie des EPLA "von ganz links bis ganz rechts" unterstützen können.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)